Googles AdWords-Neuerungen für 2016

25. Mai 2016 | Von in SEA

Gestern hat Google, wie inzwischen jedes Jahr, einen Ausblick auf die zukünftigen AdWords-Neuheiten gegeben. Wie schon 2014 und 2015 haben wir die wichtigsten Neuerungen zusammengefasst und bewertet.

Im Mittelpunkt stand mal wieder die Werbung in einer Welt, in der sich alles ums Smartphone dreht: die “mobile-first world”. In dieser Welt nehmen Konsumenten morgens als erstes ihr Smartphone in die Hand und legen es abends als letztes weg – und zwischendurch erleben sie damit viele, viele “Micro Moments”.

Wer Lust hat, kann sich die Aufzeichnung hier ansehen. Außerdem hat Google eine eigene Zusammenfassung veröffentlicht. Im Folgenden steht meine eigene Zusammenfassung, zusammen mit einigen Einschätzungen.

Neues Format für Textanzeigen

Jetzt, wo es keine seitlichen Anzeigen mehr gibt ändert Google nach 15 Jahren zum ersten Mal das Format für Textanzeigen.

new-ad-format

Insgesamt werden Überschrifts- und Beschreibungstexte um knapp 50% größer, so dass Anzeigen mehr Informationen bieten, bevor sich jemand zum Klicken entscheidet. Konkret:

  • Statt der bisherigen Überschrift (25 Zeichen) soll es zwei Überschriften mit je 30 Zeichen geben.
  • Die beiden 35-Zeichen Beschreibungstexte werden zu einer Zeile mit 80 Zeichen zusammengefasst.
  • Die Domain der Anzeige-URL entspricht automatisch der Domain der finalen URL. Der Anzeige-Pfad lässt sich dann noch anpassen.

Das neue Format soll später im Jahr eingeführt werden. Werbetreibenden wird empfohlen, sich schon jetzt Gedanken zu machen, wie sie ihre Anzeigen dann gestalten wollen. Da kommt also noch einiges auf uns zu.

Display-Werbung

Auch für den Display-Bereich gibt es ein neues Anzeigenformat: “Responsive Display Ads”. Dabei hinterlegen Werbetreibende nur noch einzelne Anzeigenelemente (Überschriften, Beschreibung, Bild und URL) aus denen Google dann Anzeigen zusammensetzt, die zum jeweiligen Umfeld passen.

Responsive-Display-Ads

In Googles Beispielen wurde zusätzlich zum Bild auch noch ein Logo verwendet, das vermutlich automatisch von der Zielseite extrahiert wird. Streng genommen ist das aber ein alter Hut und wird schon länger so gemacht.

Nebenbei will Google mit dem neuen Format auch ins Native Advertising vorrücken. Das wurde nicht weiter ausgeführt, aber das obige Bild zeigt ganz gut, wie das aussehen könnte. Hier sieht man im ersten und dritten Beispiel, wie sich die Anzeigen unauffällig zwischen anderen Seiteninhalten einfügen und dabei den Eindruck erwecken, es handele sich dabei um normale Inhalte. Ich denke, darüber werden wir noch mal reden müssen.

Weiterhin will Google die Reichweite von Remarketing-Kampagnen erhöhen, indem weitere Inventarquellen zusätzlich zum Display-Netzwerk dazugeschaltet werden. Das geschieht laut AdWords-Hilfe bereits automatisch und wird laufend ausgebaut.

Bidding

Neue Wege will Google auch beim Setzen von Geboten gehen. Derzeit dient das Desktop-Gebot als Basis und kann per Gebotsanpassung für Mobilgeräte noch prozentual verändert werden kann. In Zukunft wird man frei wählen können, welche Geräteklasse man als Basis verwendet, um dann Gebotsanpassungen für die übrigen vorzunehmen. Konkret erwähnt wurden Tablet-Anpassungen, wofür es spontan Applaus gab (deren bisheriges Fehlen hatte in der Branche lange für Unverständnis gesorgt).

Mit Gebotsanpassungen soll dann eine Verzehnfachung des Gebots möglich werden. Bislang kann man Gebote damit nur vervierfachen, was hin und wieder genutzt wird, um reine Mobilkampagnen zu realisieren. Es wurde zwar nicht explizit gesagt, aber ich denke, durch das neue Gebotsverfahren sollten sich Kampagnen exklusiv für einzelne Geräteklassen wieder problemlos realisieren lassen. Interessant wird noch, ob das tatsächlich auf Anzeigengruppenebene passiert, wovon ich aber ausgehe.

Kommen soll das übrigens “in the next few months”. Das kann viel heißen, aber ich denke, zum Weihnachtsgeschäft sollten wir damit arbeiten können.

promoted-pinLokales: Google Maps

Stark ausbauen will Google die Werbemöglichkeiten bei Google Maps. Schon im April hatte man Maps zum Bestandteil der Google-Suche erklärt, so dass Werbung, die lediglich auf die Suche ausgerichtet ist, nun auch dort erscheint (sofern die Standorterweiterung verwendet wird).

Auf Google Maps (inklusive den Android- und iOS-Apps) will Google verschiedene Werbeformate ausprobieren und, bei Erfolg, ggf. einführen. Ein solches Format ist der “Promoted Pin”, bei dem Standorte mit einem Logo gekennzeichnet werden (siehe rechts). Das dürfte insbesondere für bekannte Marken sinnvoll sein, die über den Wiedererkennungseffekt Kunden anlocken könnten.

Weiterhin sollen In-Store-Promotions exklusiv in Google Maps angezeigt werden können. In den gezeigten Beispielen wurden solche Aktionsangebote sowohl mit kurzen Textzeilen als auch mit Bildern beworben. Letzteres passiert auf der “Business Page”, also der individuellen Informationsseite des jeweiligen Standorts.

business-pageGoogle möchte auch lokal verfügbare Produkte schon bei den Standortinformationen anzeigen. Nutzer sollen das vorhandene Inventar von dort aus auch durchsuchen können, wie auch bereits letzte Woche angekündigt wurde. Nicht erwähnt wurde hier die ebenfalls letzte Woche angekündigte Möglichkeit, Produkte direkt aus Google Maps heraus einzukaufen und dann im Laden abzuholen.

Erfassung von Ladenbesuchen

Stattdessen lag der Fokus allein darauf, Nutzer zu lokalen Standorten zu lotsen, damit sie dort einkaufen. Dieser Zusammenhang will Google gut nachgewiesen haben. So sollen drei Vierteil der lokalen Suchen in der Nähe innerhalb eines Tages zu einem Ladenbesuch geführt haben; 28% sogar zu einem Kauf.

Eine große Studie mit zehn großen US-Ketten (u. a. Target und Bed, Bath & Beyond) soll außerdem gezeigt haben, dass auf jede mobile Kauf-Conversion im Schnitt mehr als ein Ladenbesuch kam. Das klingt zwar erst mal gut, setzt aber auch ein gewisses Filialnetz voraus, so dass sich die Ergebnisse wohl nicht so einfach verallgemeinern lassen.

Was die Erfassung von Ladenbesuchen angeht hat Google bei fünf Millionen Nutzern nachgefragt, ob sie wirklich im Laden waren. Das Ergebnis: Die Google-Resultate waren zu über 99% korrekt. Als Statistik-Skeptiker fällt mir allerdings auf, dass das mitnichten bedeuten muss, dass 99% der erfassten Ladenbesuche korrekt waren. Kleines Rechenbeispiel: Wenn nach 10.000 Klicks 200 Ladenbesuche gezählt werden, von denen aber nur 100 tatsächlich echt waren, dann wurden 9.900 Klicks (=99%) korrekt ausgewertet.

Ich will Google hier nichts unterstellen, aber gerade im Marketing sollte man Statistiken besonders kritisch hinterfragen und Google ist in meinen Augen kein Kind von Traurigkeit. In jedem Fall will Google die Messung weiter verbessern, indem zukünftig auch Signale von Beacons miteinbezogen werden.

Neue Zielgruppen für die Suche

Für Werbung in der Suche will Google nun auch ähnliche Zielgruppen bereitstellen. Dabei werden bestehende Zielgruppen analysiert, um bestimmte Charakteristika bei anderen Nutzern auszumachen, die dann zu einer “ähnlichen Zielgruppe” zusammengefasst und wie jede andere Zielgruppe behandelt werden können (z. B. für Gebotsanpassungen).

Zusätzlich zu den selbstdefinierten Zielgruppen sollen demographische Kriterien für die Werbung in der Suche berücksichtigt werden. Die Funktion, die momentan noch in einer Beta getestet wird (ich hatte da im Zuge der ADworld Experience schon mal drüber berichtet), ermöglicht die Verwendung von Gebotsanpassungen nach Alter und Geschlecht. So lassen sich beispielsweise Frauen im Alter von 35-44 gezielter ansprechen.

Was hier in erster Linie für Gebotsanpassungen gedacht ist könnte man durchaus weiter treiben. So könnte man die Funktion auch nutzen, um verschiedene Anzeigen für verschiedene Gruppen zu schreiben. Man könnte also Frauen im Alter von 18-24 Jahren anders ansprechen als Männer ab 65. In der Praxis dürfte das keine allzu große Rolle spielen, aber die Möglichkeiten sind sicher spannend. Kommen soll die Funktion in den nächsten Monaten.

Neue AdWords-Benutzeroberfläche

Ebenfalls behandelt wurden Googles Bemühungen, die AdWords-Oberfläche grundlegend zu überarbeiten. Schon im März hatte Google davon berichtet und so gab es jetzt auch nicht viel Neues. Dinge werden bunter, grafischer und vordergründig wohl einfacher. Als Startpunkt wurde ein Dashboard gezeigt, das Kennzahlen auch in Bezug auf Geräte und Tageszeiten (nicht im Bild) darstellt:

new-interface1

Bei der Kampagnenerstellung sollen Marketingziele im Mittelpunkt stehen, zu denen dann die passenden Konfigurationen vorgeschlagen werden:

new-interface2

Man kann die Einstellungen aber auch wieder selber festlegen. Wem das bekannt vorkommt: Bei der Erstellung von Display-Kampagnen wird das schon länger so gehandhabt.

Einen konkreten Termin gab es für die neue Oberfläche nicht. Google will sie bis ins Jahr 2017 entwickeln und testen, wohl, weil man sich bei Googles Kernprodukt sicher keinen Fehler leisten kann. Wie dann die Einführung verlaufen wird darf man gespannt erwarten. Ich könnte mir vorstellen, dass man alte und neue Oberfläche eine Weile parallel benutzen kann, bis die alte abgeschaltet wird. Eine Migration soll es jedenfalls nicht geben.

Analytics 360

Dieses Mal hat Google nicht nur seine AdWords-Produktneuheiten vorgestellt, sondern auch gleich einige Analytics-Neuerungen dazu gepackt. Dabei ging es allerdings um die kostenpflichtige Analytics 360 Suite, die sich an sehr große Kunden richtet. Gezeigt wurde, wie sich in kurzer Zeit ein Report mit verschiedenen Datenquellen zusammenklicken ließ, wobei mehrere Leute gleichzeitig daran arbeiten konnten. Sehr beeindruckend war auch der Data Assistant, der Fragen wie “wie viele Besucher hatten wir im letzten Monat?” direkt beantworten konnte.

Fazit

Google hat in der Ads & Analytics Innovations Keynote klar gemacht, dass das Prinzip “Mobile First” gilt und Bestand haben wird. Für Werbetreibende gab es einige konkrete Neuerungen, allem voran das neue Anzeigenformat. Kein Thema war dagegen die Einführung neuer Attributionsmodelle, die vor zwölf Monaten beim letzten Mal angekündigt worden war und in den nächsten Tagen endlich kommen soll.

Dazu passt, dass Google auch dieses Mal konkrete Einführungstermine schuldig geblieben ist. Die meisten Sachen kommen “in den nächsten Monaten”, wobei vieles auch tatsächlich schon in den (Beta-)Startlöchern steht. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre könnte es aber auch wieder Dinge geben, die mehr als ein Jahr auf sich warten lassen.

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Martin Röttgerding

Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.

Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.

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