Outreach-Tipp für Fortgeschrittene: E-Mails testen

13. April 2018 | Von in Content Marketing

Bei allen Techniken im Online-Marketing merken versierte Fachfrauen und -männer schnell, dass Best Practices nur bis zu einem gewissen Punkt weiterhelfen. Ab dieser Schwelle ist man auf sich allein gestellt. Das gilt auch für die Kontaktaufnahme per E-Mail. Da gibt es zwar viele Tipps, ob diese aber wirklich zu besseren Ergebnissen führen, wird am besten mit einem Test festgestellt.

Best Practices für Outreach-Mails

Wer gerade erst damit anfängt, regelmäßig viele E-Mails an Empfänger zu verschicken, zu denen vorher kein Kontakt besteht (Cold Mails, Akquise-Mailing o. ä.), kann von Tipps und Erfahrungen anderer prima profitieren. Leseempfehlung: Der inhaltlich immer noch hervorragend passende Beitrag „Eine gute E-Mail-Vorlage schreiben“ hier im Blog.

Wie einleitend schon geschrieben, lassen sich diese Basics allerdings recht schnell erledigen und dann bleibt für den umtriebigen Marketer die offene Frage „Wie kann ich da noch mehr rausholen?“.

Und da gibt es nur eine Antwort: Mit einem Test!

Hypothese

Man kann vieles testen. Allerdings sollte ein wild angesammelter Datenwust, in dem dann nach irgendwelchen Erkenntnissen gebohrt wird, vermieden werden. Das kann nicht funktionieren. Vor der Datenerhebung muss man sich eine konkrete Hypothese überlegen – das ist am wissenschaftlichen Vorgehen orientiert und pragmatisch bewährt. Gute Hypothesen haben folgende Eigenschaften:

  1. Empirische Untersuchbarkeit: Hypothesen müssen Sachverhalte beinhalten, die sich messen und statistisch auswerten lassen.
  2. Konditionalsatzformulierung: Hypothesen müssen zumindest implizit die Form eines sinnvollen Wenn-Dann-Satzes oder eines Je-Desto-Satzes zugrunde liegen haben.
  3. Generalisierbarkeit und Allgemeinheitsgrad: Hypothesen müssen Aussagen über den Einzelfall oder ein singuläres Ereignis hinaus machen.
  4. Falsifizierbarkeit: Hypothesen müssen widerlegbar (falsifizierbar) sein

Einige Beispiele für Hypothesen zu E-Mails:

  • Werden E-Mails mit individualisierten Betreffzeilen häufiger geöffnet? (Wahrscheinlich nicht.)
  • Werden kürzere E-Mails häufiger ganz gelesen? (Tendenziell wahrscheinlich schon.)
  • Wird auf E-Mails von gegengeschlechtlichen oder gleichgeschlechtlichen Absendern häufiger geantwortet?

Stichprobe berechnen

Nachdem die Hypothese steht, sollte die benötigte Stichprobengröße berechnet werden. Damit werden zwei Probleme vermiedern:

  • Ist die Stichprobe zu klein, kann die Hypothese statistisch nicht bestätigt werden (Stichwort Signifikanz, siehe Statistik für Online-Marketer)
  • Ist die Stichprobe zu groß, wird diese Signifikanz quasi erzwungen. Die Hypothese würde also  auch gerechtfertigterweise  nicht abgelehnt werden.

Tool-Tipp: Stichprobengrößenschätzung unter https://abtestguide.com/calc/ („Pre-test analysis“).

Messung

Wenn letztendlich alle Vorbereitungen getroffen sind, müssen die Versionen der Mail natürlich auch verschickt werden und etwas gemessen werden. Im Grunde eignen sich als Messwerte zur Bewertung von E-Mails vor allem drei Kennzahlen:

  • Öffnungsrate: Hier wird geschätzt, welcher Anteil der Empfänger die Mail im Posteingang geöffnet hat. Diese Kennzahl ist die unzuverlässigste der hier aufgeführten. Tools messen die Öffnungsrate, indem sie erfassen, wenn ein Bild in der Mail vom Server aufgerufen wird. Viele E-Mail-Clients laden Bilder in Nachrichten aber gar nicht unaufgefordert herunter – besonders bei unbekannten Absendern. Daher würde die Öffnungsrate stark unterschätzt, was dann durch Erfahrungswerte der Tools wieder nach oben korrigiert wird. Insgesamt aber kein sonderlich guter Messwert und für den Erfolg unserer Outreach-Mail auch gar nicht sehr aussagekräftig.
  • Klickrate: Die Klickrate lässt sich mit Tracking-Parametern an den verlinkten URLs in der Mail messen. Allerdings funktioniert das nur bei Mails, die auch einen Link enthalten und in denen die Handlungsaufforderung auch „Klick den Link!“ lautet. In vielen Fällen wird das beim Content Seeding aber nicht der Fall sein, z. B. weil die erste Frage nur ganz einfach lautet „Besteht Interesse, soll ich weitere Infos schicken?“.
  • Rücklaufquote: Die beste Kennzahl bleibt für mich die Rücklaufquote beziehungsweise die Quoten positiver und negativer Rückmeldungen. Dafür muss es natürlich gelingen, die Rückmeldungen einer verschickten Mail zuzuordnen. Denn dann kann die Reaktion als positiv oder negativ der jeweiligen Version der E-Mail-Vorlage zugewiesen werden. Tools gewährleisten das oft über IDs in der Betreffzeile (unschön) oder versteckte IDs im Text in der Mail (funktioniert nur bei HTML-Mails). Zuverlässig und ohne Tool funktioniert ein nicht ganz koscherer Kniff zur Messung: Einfach bei Version B einen „Zahlendreher“ in die Faxnummer einbauen. Dann kann der Posteingang nach einem Stichwort durchsucht werden und durch die Faxnummer ist die Version erkenntlich (funktioniert nur, wenn in der Antwortmail auch die Originalnachricht mitgeschickt wird).

Statistische Auswertung

Das korrekte statistische Verfahren zur Analyse eines E-Mail-A/B-Tests ist der Chi-Quadrat-Test (χ2) oder noch besser der G-Test, weil hier Häufigkeiten gemessen werden. Einen einfach zu bedienenden G-Test-Kalkulator gibt es hier.

Wichtig: Wenn die ideale Stichprobengröße vorab berechnet wurde, wird es definitiv ein Ergebnis in die eine oder andere Richtung geben. Ob uns das gefällt oder nicht, ist dabei egal. Die Interpretation lautet…

  • signifikant: Es gibt einen Unterschied zwischen beiden Versionen, der nicht auf einem Zufall beruht.
  • nicht signifikant: Es gibt keine Unterschiede zwischen beiden Versionen, die nicht auf rein zufälliger Streuung beruhen.

Fazit

Best Practices haben Grenzen, denn irgendwann sind sie alle umgesetzt und nicht immer funktionieren allgemeine Tipps in jedem individuellen Anwendungsfall. Hier helfen Experimente. Denn jede Hypothese, die die oben genannten Kriterien erfüllt, kann auch getestet werden. Die Fantasie ist das Limit.

The following two tabs change content below.
Avatar-Foto

Andreas Schülke

Head of Agency bei Bloofusion Germany GmbH

Andreas Schülke leitet als Head of Agency die Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Er schreibt schwerpunktmäßig zu den Themen Content-Marketing, Linkaufbau und SEO.

Privat treibt er viel Sport und ist Spielertrainer beim Freizeitliga-Verein SC Münster United. Außerdem ist er Fan von Werder Bremen und musikbegeisterter Hobbykoch.

Jetzt mit Andreas Schülke bei LinkedIn vernetzen!

Kommentieren