Sollst Du schlechte Backlinks entwerten? [Alles auf Start 80]

9. März 2023 | Von in Agenturleben, Podcast "Search Camp", SEO

Die Frage höre ich sehr oft: Soll ich das Disavow Tool von Google benutzen, um vermeintlich schlechte Links zu entwerten? In welchen Fällen ist das wirklich sinnvoll? Und welche Gefahren gibt es dabei?

 

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Sollst Du schlechte Backlinks entwerten?

Es geht um Backlinks, also externe Links. Andere Websites verlinken auf deine Website, und das ist ein wichtiges Ranking Signal für Google. “Je mehr Links du hast, desto besser”, stimmt nicht ganz, denn es geht eigentlich nie um die Anzahl, es geht immer um die Qualität.

Und weil es da früher mal Probleme gab, hat Google Richtlinien dafür entwickelt. Das waren früher die Google Webmaster Richtlinien, jetzt heißen die Search Essentials. In diesem Dokument wird festgelegt, welche Backlinks für Google erlaubt sind und welche nicht. Und wenn du Backlinks hast, die dagegen verstoßen, gegen diese Regeln, dann droht eine Abstrafung oder eine Abwertung. Und, genau, deswegen muss man darüber nachdenken, denn theoretisch kann es so sein, dass, wenn du schlechte Backlinks hast, dass das negativ auf deine Rankings einzahlt. Aber das müssen wir uns jetzt mal ein bisschen genauer angucken.

 

Wie solltest Du vorgehen?

Erst mal grundsätzlich: Angenommen, du hast solche Links, du hast Links, die verstoßen ganz klar gegen Google Richtlinien. Es gibt zum Beispiel die Google Richtlinie, dass man keine Links kaufen darf. Und angenommen, du bist jetzt losgegangen, hast letzte Woche einen Link gekauft bei einem Blog, und in dem Blog steht auch: “Hey, der Peter, der hat diesen Link hier gekauft, und hier ist der Link – Doppelpunkt – ” und dann der Link. Das wäre ganz klar von außen ersichtlich, dass das ein gekaufter Link ist. Ja, was nun?

Angenommen, du hast solche Links oder glaubst, solche Links zu haben, dann ist der ideale Weg, dass du die Links abbaust. Das heißt, du kontaktierst den Websitebetreiber, die Websitebetreiberin und sagst, “Hallo, bitte nimm diesen Link von deiner Website runter.” Natürlich, wenn du den selbst gekauft hast, ist die Chance ganz gut, dass du damit durchkommst.

Aber häufig geht das nicht. Und ehrlich gesagt würde ich sagen, in der Regel geht das nicht. Zum Beispiel, weil irgendein Verzeichnis auf dich verlinkt, aber das gibt es schon seit 30 Jahren eigentlich nicht mehr, oder keiner kümmert sich mehr darum, und dann hat man einfach oft keine Chance. Oder vielleicht im Unternehmen, jemand hat vor dir die Links aufgebaut, der hatte auch die ganzen Kontaktdaten, du hast sie nicht, und dann ist das ganze schwierig.

Und das hat Google natürlich auch verstanden und hat deswegen das sogenannte Disavow-Tool angeboten, und darüber kannst du Links entwerten. Das heißt, du kannst gegenüber Google sagen, dieser Link soll entwertet werden. Tu also bitte so, als gäbe es den gar nicht. Den gibt es natürlich nach wie vor. Ich kann ihn im Browser anklicken, aber wenn Google den sieht, ignorieren sie ihn.

Voraussetzung dafür ist, dass du in der Search Console validiert bist. Das sollte man sowieso sein, deswegen ist das kein Problem. Und dann kannst du eine Textdatei hochladen, in der du entweder ganz bestimmte URLs entwertest, also eine Seite, die auch – eine konkrete Seite, die auf dich verlinkt. Oder bevorzugte Lösung: Du kannst gleich die gesamte Website, die auf dich verlinkt, entwerten.

Warum würde man das eher tun? Naja, wenn man jetzt einen einzelnen Link entwertet hat, dann kann es sein, dass auf dieser Webseite noch ein zweiter Link auf dich existiert. Vielleicht haben die ein Problem mit Duplicate Content, und deswegen gibt es eben eine Seite doppelt oder dreifach. Du hast aber nur diesen einen Link entwertet, und deswegen ist es typischerweise die beste Lösung, einfach die komplette verlinkende Website zu entwerten, weil wenn von der ein schlechter Link kommt, wird von der in der Regel auch kein guter Link kommen, den du damit ja dann auch ausschalten würdest. Wie gesagt, ist eine Textdatei. Dieses Disavow-Tool wird dich dann da durchleiten.

Wichtig ist: Es gibt immer nur eine Textdatei. Das heißt, in dem Augenblick, wo du eine Textdatei hochlädst, überschreibst du das, was vorher da drinstand. Und deswegen sollte man die sich immer erst herunterladen, gucken, steht überhaupt was drin? Kann auch sein, dass du gar keine hast. Und dann deine Einträge hinzufügen, aber wie gesagt, jetzt nicht einfach nur eine Textdatei, wo du jetzt eine Website entwertest, hochladen, weil damit würdest du das, was vorher hinterlegt war, würdest du eben überschreiben.

 

Die Gefahr des Disavow Tools

Jetzt ist die Frage, jetzt, wo ich dir erklärt habe, wie das geht, solltest du es machen? Also erst mal gibt es eine große Gefahr bei dem Ganzen, nämlich, dass du einen Link entwertest, der für Google eigentlich was zählt. Und das kann passieren, weil du überhaupt keine Möglichkeit hast, einzuschätzen, welche Links gut sind und welche Links schlecht sind.

Das heißt, du kannst natürlich dir die Richtlinien durchlesen und dann sagen, “Okay, dieser Link hier verstößt klar gegen Richtlinien.” Aber das heißt nicht, dass Google das auch so sieht, weil sie natürlich – da geht ja kein Mensch durch und guckt sich jeden Link manuell an und sagt dann, “Okay, so und so ist das”, sondern da arbeiten halt Systeme, da arbeiten Maschinen, und die können eben auch Fehler machen. Und vielleicht rutscht denen einen Link durch, den du ganz, ganz, ganz klar als schlechten Link identifizierst, den Google aber eigentlich toll findet. Nochmal, das kann passieren, das muss nicht passieren.

 

Die Bewertung durch Tools

Ein Problem, das ich in der Praxis sehe: Einige nutzen automatisierte Tools. Die versuchen dann, sich alle eure Links anzugucken, und dann teilen die die ein in toxisch, also richtig schlechte Links, und ja, alle anderen Links. Also, es gibt eine Art Score, und ja, diese Einschätzung, muss man sagen, ist nicht treffsicher. Niemand weiß, wie Google die ganze Nummer sieht. Ich habe keine Möglichkeit zu erkennen, ob ein Link positiv oder negativ eingeschätzt wird. Und diese Tools, die arbeiten natürlich nach einem ganz anderen Prinzip. Das heißt, ich kann mir eigentlich richtig fies in den Fuß schießen, wenn ich der Einschätzung dieser Datenbanken oder dieser Tools folge und dann eben Links ausschalte, die eigentlich vollkommen okay sind.

 

Penguin Updates

Es gibt noch einen Punkt, und zwar, Google hat – in den letzten Jahren haben sie Penguin Updates herausgebracht, die eben Links entdecken können, die nicht gut sind. Und ganz am Anfang war es so, dass quasi schlechte Links konnten für dich negativ zählen. Und dann hat Google mit Penguin 4.0 Punkt die Doktrin geändert und hat gesagt, “Okay, wenn wir jetzt einen schlechten Link finden, dann entwerten wir den in der Regel.” Die zählen aber nicht mehr negativ. Das heißt, heutzutage, wenn du jetzt ein, zwei blöde Links hast, dann ist es nicht mehr so, dass das negativ für dich zählen kann – zählt natürlich auch nicht positiv für dich, keine Frage – aber dieses Schreckgespenst von, da sind schlechte Links, und deswegen ranke ich schlecht, das ist eigentlich weg.


Ja, komme ich eigentlich schon fast zum Endspurt, nämlich zu der Frage:
Wann solltest du das Disavow-Tool auf jeden Fall benutzen?

 

Fall #1: Du hast eine Abstrafung bekommen

Abstrafung heißt: Du hast Post aus Mountain View, das heißt, Google hat bestimmte Links als – die Richtlinien verstoßend – gefunden. Das heißt nicht, dass das unbedingt so sein muss. Aber da hat eine Maschine Links bewertet und gesagt, nicht gut. Das würdest du sehen, nämlich in der Google Search Console. Da gibt es einen Report, der – oder einen Bereich, der heißt “Sicherheit und manuelle Maßnahmen”, und da gibt es den Report “manuelle Maßnahmen”. Da stehen nämlich “Abstrafungen gegen dich” drin. Und wenn du da Brief bekommen hast, dann muss man sagen, hast du keine andere Wahl, weil dann hat Google wirklich böse Links gefunden. Dann musst du die entweder abbauen oder “disavowen” Und dann, das steht auch immer in dieser Nachricht drin, musst du natürlich Abbitte gegenüber Google leisten und sagen, “Okay, ich habe die jetzt entfernt oder entwertet. Tut mir leid. Ich möchte wieder, dass die Abstrafung aufgehoben wird.”

 

Fall #2: Du hast viele schlechte Links

Der zweite Fall, wenn du es auf jeden Fall benutzen solltest, ist, du weißt, dass du viele schlechte Links hast. Ehrlich gesagt, bei dem, was ich so jeden Tag sehe, ist das kaum noch der Fall. Warum? Weil es das Penguin Update schon jetzt sehr lange gibt. Das heißt, viele haben schon aufgeräumt, viel ist schon passiert, und ehrlich gesagt, viele Links sind auch abgebaut worden, weil die verlinkenden Websites einfach zugemacht haben. Es gibt sie einfach nicht mehr.

Und das heißt: Viele von diesen schlechten Links verschwindet eigentlich auch mit der Zeit von selbst. Das heißt, viel von diesen negativen Backlinks, die sind eigentlich schon vor mehr als zehn Jahren entstanden, als es noch ganz bestimmte Linkaufbau-Praktiken gab, und ja, viel von dem Schrott es einfach weg. Aber trotzdem, wenn du weißt, du hast schlechte Links, zum Beispiel, weil du sie selbst aufgebaut hast oder ein Mitarbeiter oder eine Agentur oder wer auch immer, dann bitte, entwerte sie proaktiv.

 

Fall #3: Du schläfst schlecht

Das habe ich relativ oft, dass Leute zu mir kommen und sagen, “Oh, hier habe ich ein, zwei schlechte Links und ich habe Angst, dass ich abgestraft werde.” Und ich gucke mir diese Backlinks an und sage, ja, das ist jetzt nicht die Krone der Schöpfung, aber da sehe ich keine Gefahr. Und dann wollen aber manche trotzdem, dass diese Links einfach entwertet werden, weil sie dann einfach besser schlafen können, weil sie eben dieses Damoklesschwert über sich nicht haben wollen. Und dann ist das auch vollkommen okay. Also, du darfst dieses Disavow-Tool jederzeit benutzen, das ist vollkommen klar. Natürlich mit der obengenannten Gefahr, dass du vielleicht einen Link entwertest, den Google eigentlich toll findet.

 

Fall #4: Negative SEO

Und dann gibt es noch den Fall vier, der allerdings wirklich eine sehr theoretische Gefahr darstellt, nämlich Negative SEO. Ich habe dazu schon eine Episode gemacht, nämlich alles auf Start, Episode 50. Also vor genau 30 Episoden ist die entstanden. Bei Negative SEO geht es darum, dass eine – ein anderer Websitebetreiber kauft schlechte Links, die aber nicht auf seine Website zeigen, sondern auf deine. Typischerweise ein Konkurrent. Das ist auch strafrechtlich relevant unter Umständen und überhaupt ist das ein theoretisches Konstrukt. Aber trotzdem, wenn du glaubst, dass du von so etwas getroffen wurdest – und ja, es mag mal solche Fälle gegeben haben, die allerdings auch wirklich sehr homöopathisch sind – dann, auch dann – gerade kombiniert mit Fall Nummer drei, nämlich dass du dir da Sorgen machst, dass du schlecht schläfst – dann entwerte einfach den ganzen Mist und gut ist.

 

Finale

Und ansonsten bin ich ehrlich gesagt ein Freund davon, dass man eher vorwärts gerichtet arbeitet. Das heißt: Links entwerten wird dich sehr wahrscheinlich nicht einen Millimeter weiterbringen, weil, wie ich eben gesagt habe, Google Links proaktiv entwertet und schlechte Links in der Regel nicht negativ für dich zählt. Das heißt, selbst wenn du schlechte Links hast, die gegen Richtlinien verstoßen, kann es mehr als gut sein, dass durch das ganze Disavow einfach überhaupt nichts passiert. Du hast vielleicht einen hohen Aufwand gehabt, indem du dir alle deine 1.300 Backlinks anguckst und manuell dir da einen Score dranschreibt, wie gut oder schlecht du den so findest. Riesenaufwand, unglaublich geringer Nutzen. Eventuell gar keinen Nutzen.

Und deswegen bin ich eher ein Freund davon, vorwärtsgerichtet zu arbeiten. Was kannst du machen, damit du positive, unangreifbare Links erhältst? Vor allem, weil sie eben genau das sind: positiv, unangreifbar. Weil sie organisch entstanden sind, zum Beispiel, weil du so geniale Inhalte hast.

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Markus Hövener

Markus Hövener ist Gründer und SEO Advocate der auf SEO und SEA spezialisierten Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als geschäftsführender Gesellschafter von Bloofusion Germany ist er verantwortlich für alle Aktivitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Markus Hövener ist Buchautor, Podcaster und Autor vieler Artikel und Studien rund um SEO.

Markus hat vier Kinder, spielt in seiner Freizeit gerne Klavier (vor allem Jazz) und genießt das Leben.

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