Google schafft seitliche Anzeigen ab

23. Februar 2016 | Von in SEA

Google hat damit begonnen, die Desktop-Suche umzustellen: Die Anzeigen an der rechten Seite entfallen vollständig bzw. wandern unter die übrigen Suchergebnisse. Ich habe mir das Ganze aus der SEM-Perspektive angesehen.

Was am Donnerstag als Gerücht aufkam wurde von Google inzwischen gegenüber Search Engine Land bestätigt. Wie manche AdWords-Kunden auf Twitter weitergaben, sollte die Neuerung noch am gestrigen Montag vollständig und weltweit ausgerollt werden. Das scheint inzwischen der Fall zu sein.

Damit gleicht Google das Erscheinungsbild der Desktop-Suche dem der mobilen bzw. Tablet-Suche an. Eine Ausnahme bilden allerdings Produktanzeigen, die auch weiterhin oben rechts erscheinen können.

Vierte Top-Anzeige

Quasi als Ausgleich für die entfallenen Anzeigen an der Seite zeigt Google nun bis zu vier Anzeigen oberhalb der organischen Suche an. Unterhalb werden wie gewohnt bis zu drei Anzeigen eingeblendet.

Google hat anscheinend mehrfach das gleiche Statement verschickt, demzufolge die vierte Anzeige nur bei einer sehr kleinen Zahl kommerzieller Suchanfragen zum Einsatz kommen soll. Konkreter: Nur bei Suchanfragen “where people express a deep intention to buy”.

Was Google als “tiefen Ausdruck der Kaufintention” bezeichnet, ist allerdings nicht so speziell wie man meinen möchte. So finde ich vier Anzeigen praktisch für alles, was man kaufen kann, darunter auch weniger offensichtliche Dinge wie hier bei “einladungskarte”:

einladungskarte

Mein Eindruck ist, dass Google die vierte Anzeige oft und gerne einsetzt und dass es dafür keine besondere Hürde gibt. Pete Meyers schreibt auf Moz.com, dass 19% der Suchanfragen aus seiner Testmenge zu vier Top-Anzeigen führten (Stand: Donnerstag, 18. Februar).

Ich denke, da wo geworben wird, macht Google gerne Gebrauch von dem vierten Top-Anzeigenplatz. Allerdings schauen wir (ebenso wie Moz) natürlich eher auf die kommerziellen Suchanfragen. Wie oft der durchschnittliche Nutzer vier Top-Anzeigen sieht, steht also auf einem anderen Blatt. Eine Seltenheit sind vier Anzeigen aber sicher nicht mehr.

Eigene Beobachtungen

Vier Top-Anzeigen sind nicht direkt neu, da Google diese Darstellung bereits im Vorfeld getestet hat. Ein Blick in unsere AdWords-Daten zeigt, dass damit auf Desktop-PCs seit Anfang November experimentiert wurde.

Auch die anderen Geräteklassen waren unseren Daten zufolge von diesem Test betroffen. So hat Google seit Ende November damit auch auf Tablets und Mobilgeräten experimentiert.

Was in der Berichterstattung momentan untergeht: Auch auf Tablets führt Google die vierte Top-Anzeige gerade ein. Dort sehen wir, genau wie auf dem Desktop, seit dem 18. Februar einen steilen Anstieg. Auf Mobilgeräten hingegen hat Google den Test am 13. Februar eingestellt und zeigte dort seitdem nur noch drei Top-Anzeigen, nur um dann heute wieder sehr vereinzelt vier Anzeigen auszuliefern.

Auswirkungen: Klickraten

Laut unseren Zahlen weist die vierte Top-Anzeigenposition eine Klickrate von ca. 10% auf. Das ist nur unwesentlich weniger als die darüber liegende dritte Anzeigenposition (11,4%) und liegt nach meiner Einschätzung ungefähr auf dem Niveau dessen, was alle seitlichen Anzeigen zusammengenommen abbekommen. Da es außerdem noch Anzeigenplätze unterhalb der organischen Suchergebnisse gibt, könnte die Zahl der Anzeigenklicks insgesamt sogar steigen, wenn auch nicht dramatisch.

Die Befürchtung, dass die unteren Anzeigen im Vergleich zu den seitlichen kaum angeklickt werden, erscheint mir indes widerlegt. Das wird klar, wenn man sich das Segment “Google-Suche: Andere” ansieht. Dieses Segment beinhaltet sowohl die seitlichen als auch die unteren Plätze, wobei sich die Gewichtung seit Donnerstag zugunsten der unteren Plätze verschoben und heute 100% erreicht hat.

Wenn wir uns die Klickraten dieses Segments ansehen, dann sehen wir für diese und letzte Woche einen Anstieg:

ctr-other

Dieses Bild habe ich so bei bislang allen Kunden gefunden: Mit der Verschiebung zugunsten der unteren Positionen steigen auch die Klickraten. Es muss sich also niemand Sorgen machen, dass man unten keine Klicks mehr bekommt – das Gegenteil ist der Fall.

Im Durchschnitt dürften die Klickraten übrigens auch steigen. Schon wegen der Verringerung der Anzeigenplätze von elf auf sieben werden die Impressionszahlen entsprechend sinken. Bei gleich vielen oder mehr Klicks führt das logischerweise zu höheren Klickraten.

Steigen jetzt die Klickpreise?

Ich habe schon einige Artikel zu diesem Thema gelesen und in einem scheinen sich alle einig zu sein: Die Klickpreise werden steigen. Primär soll das so sein, weil die Konkurrenz auf den Top-Plätzen zunimmt.

Ich persönlich glaube nicht, dass jetzt jeder mit der Brechstange auf die Top-Positionen geht. Letztlich muss jeder wirtschaftlich bleiben und nicht jedes Keyword ist mit Top-Geboten profitabel. Erfahrungsgemäß werden entsprechende Gebote hin und wieder ausprobiert, um dann einzusehen, dass Top-Positionen kein Selbstzweck sind. Vielleicht gibt es ein paar Turbolenzen, aber ein ruinöses Bieten um die Wette sehe ich auf Dauer nicht (zumindest nicht mehr als bisher).

Es gibt auch durchaus Gründe, weswegen die Klickpreise sinken könnten. Mehr Platz auf den Top-Anzeigen und mehr Klicks insgesamt würden mehr Angebot bei gleicher Nachfrage bedeuten.

Insgesamt glaube ich dann aber doch, dass wir am Ende höhere CPCs sehen werden. Das wird schon durch eine einfache Überlegung klar: Die Klicks, die vorher auf die Positionen 4-11 gingen, gehen größtenteils auf Position 4. Ob für die vierte Position jetzt mehr gezahlt wird als früher ist da erstmal unerheblich: In jedem Fall wird auf Position 4 mehr gezahlt als auf Position 5-11. Durch diese Verschiebung der Klicks steigt also unweigerlich der durchschnittliche CPC.

Konsequenzen und Empfehlungen für Werbetreibende

Allgemein sollte man Googles Änderung erst mal gelassen gegenüber stehen und abwarten, wie sich die eigenen Zahlen entwickeln. Bei unseren Kunden sehen wir bislang jedenfalls keine dramatischen Änderungen.

Vorsichtig sollten allerdings solche Unternehmen sein, die mit automatischen Bidding-Tools in irgendeiner Form auf bestimmte Positionen abzielen. Hier ist gerade einiges im Fluss: Allein durch den Wegfall der Positionen 8-11 verbessert sich die durchschnittliche Position. Einige Gebotsautomatismen richten sich auch nach der Top-of-Page-Gebotsschätzung, die sich in Folge des zusätzlichen Anzeigenplatzes ändern kann.

Bid-Management-Tools, die wirtschaftliche Ziele verfolgen, sollten dagegen weiterhin gut klarkommen.

Davon abgesehen rücken einige Empfehlungen in den Fokus, die alles andere als neu sind, nun aber zusätzliches Gewicht bekommen. Weil nun alle Anzeigen in der Mitte platziert sind, können Anzeigenerweiterungen noch öfters ausgespielt werden und werden damit noch wichtiger.

Ebenfalls wichtiger wird damit die Anzeigengestaltung im Hinblick auf das breite Format in der Mitte. Hier sind insbesondere verlängerte Überschriften von Vorteil, was sich durch die Verwendung einer abgeschlossenen ersten Textzeile erreichen lässt. Dynamische Suchanzeigen mit ihren potenziell überlangen Überschriften sind in der Mitte übrigens auch besser aufgehoben.

Fazit

Werbetreibende sollten abwarten und nicht mit großen Änderungen rechnen. Wenn am Ende die CPCs ganz leicht steigen wäre das auch nichts Neues.

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Martin Röttgerding

Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.

Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.

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