Gute Texte fürs Web schreiben [mit Checkliste]
Blog-Beiträge, Artikel in Online-Magazinen, Rubrikenbeschreibungen und Produkttexte für Shops – all diese Online-Texte haben eines gemeinsam: Viel zu häufig sind sie schlecht geschrieben (für Menschen UND Suchmaschinen). Wie man es besser macht? Ein Leitfaden.
Klar, schlechte Blog-Beiträge gibt es wie Sand am Meer. Auf reine SEO-Texte und mit Keywords vollgestopftes Blabla gehe ich erst gar nicht ein. Hier soll es um die Frage gehen, was zwei Texte voneinander unterscheidet, die richtige und hilfreiche Information enthalten – der eine mittelmäßig, der andere so richtig gut.
Gliederung:
Niemand „liest“ online
Tipps für bessere Web-Texte:
1. Schreibstil
2. Hauptüberschrift
3. Teaser
4. Einleitung
5. Zwischenüberschriften
6. Hervorhebungen
7. Fazit
Extra-Tipp: Visualisierung
8. Checkliste
Niemand „liest“ online
Der größte Unterschied liegt in der Struktur des Textes, dem roten Faden. Schlecht strukturierte Texte machen es dem Leser schwer (den Suchmaschinen übrigens auch, liebe SEO-Texter).
Texte, die sinnvoll aufgebaut und gegliedert sind, passen besser zu der Art, wie Menschen online lesen: Scannen, Skimmen oder Skippen sind eingedeutschte Vokabeln aus dem Englischen, die häufig zur Beschreibung des Leseverhaltens genutzt werden. Kaum jemand liest Texte auf einer Website Wort für Wort durch wie einen Roman. Die Mehrheit überfliegt Absätze und durchsucht Zwischenüberschriften oder hervorgehobene Abschnitte nach einem Anhaltspunkt, dass die gesuchte Kerninformation dort zu finden ist. Um es diesen Menschen leichter zu machen, sollte dem Text also eine sinnvolle Gliederung zugrunde liegen und auch sichtbar sein. Mit Hilfe von Zwischenüberschriften, Hervorhebungen im Text, Listen als Stichpunkten oder bei längeren Texten sogar mit einer expliziten Gliederung am Anfang, die direkt zum relevanten Abschnitt führt (z. B. mit Sprungmarken), gelingt das. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, folgt nun eine Liste mit sieben Tipps.
7 Tipps für bessere Web-Texte
1. Schreibstil
Leichte Sprache und kurze Sätze sind leichter verständlich. Informative Blog-Beiträge sollen keine literarischen Kunstwerke werden, sondern dem Leser eine hilfreiche Information anbieten oder eine Frage beantworten.
Dinge klar beim Namen zu nennen hilft. „Banane“ ist immer besser als „gelbe, krumme Südfrucht“.
Zum Punkt kommen hilft ebenfalls. Als grobe Daumenregel kann man sich merken, dass ein Satz nie mehr als einen Nebensatz haben sollte.
Verworrene Formulierungen mit Hilfsverben und Konjunktiven sind schwierig zu lesen. Sie sollten vermieden werden. Denn zusätzlich lassen sie den Autoren unsicher und wenig selbstbewusst wirken. „Es wäre sehr zu begrüßen, wenn bessere Texte für das Web geschrieben würden.“ sollte also besser ersetzt werden durch „Das Web braucht gute Texte.“
Selbst sehr gute Autoren lieben gewisse Wendungen und Füllwörter. Da diese persönlichen Vorlieben bei der Eigenkorrektur kaum auffallen, hilft ein zweites Paar Augen, das den Text redigiert. Neben Hinweisen auf unnötige Längen, textliche Windungen oder Wiederholungen sollten letzte Rechtschreib- und Grammatikfehler hier natürlich auch korrigiert werden.
2. Hauptüberschrift
Die Überschrift eines Textes soll in erster Linie so viel Interesse wecken, dass überhaupt mit dem Lesen begonnen wird. Gleichzeitig sollte man auf zu reißerische Titel, denen der Beitrag dann gar nicht gerecht wird, tunlichst verzichten. Google und inzwischen auch Facebook nutzen Algorithmen, die die Suchergebnisse und Streams der Nutzer frei von Clickbait halten sollen (damit sind Überschriften à la heftig.co gemeint, etwa „Dieser Vater sang seinem Sohn ein Lied – Du wirst nicht glauben, was dann passiert ist!“). Wählt man hingegen einen Titel, der Interesse weckt und dabei die Kernaussage beziehungsweise das Thema des Artikels klar nennt, gibt das Lesern und Suchmaschinen eine gute Orientierung und Einschätzungsmöglichkeit, worum es im Text geht.
3. Teasertext
In der Regel sind Blogs und Online-Magazine mit Übersichtsseiten oder Feeds ausgestattet, in denen zusätzlich zu Überschrift und Beitragsbild auch ein kurzer Absatz angezeigt wird. Hier sollten die Fragen aufgeführt werden, die im weiteren Text beantwortet werden oder der konkrete Nutzen der Informationen für Leser klar aufgezeigt werden (z. B. „Mit diesen fünf wenig bekannten Fakten über moderne Kunst machen Sie auf jeder Vernissage einen guten Eindruck“). Wie bei der Überschrift gilt auch beim Teaser, dass keine Erwartungen geweckt werden sollten, die nicht an einem späteren Punkt im Beitrag auch erfüllt werden.
4. Einleitung
Eine wichtige Funktion der Einleitung, nämlich die Motivation zum Lesen, wurde vom Teasertext schon vorweggenommen. Der Nutzen für den Leser darf in diesem Teil noch weiter ausgeführt werden, soweit sinnvoll. Ansonsten ist hier Raum für eine Erläuterung, warum das Thema wichtig ist (unabhängig vom Leser), für Offenlegungen (Sponsorings) und bei langen Texten für die Gliederung und unter Umständen eine einleitende Zusammenfassung im Stile einer Executive Summary oder eines TL;DR.
5. Zwischenüberschriften
Sollten die Kerninformationen aus dem darunter folgenden Abschnitt wiedergeben. Als erste Zwischenüberschrift „Fangen wir einmal an“ und als letzte „Last but not least“ zu wählen, hilft Lesern überhaupt nicht, ist aber leider viel zu schnell lässig hingetippt. Noch ein Beispiel: Ein hypothetischer Reisebericht „Durch Italien von Nord nach Süd mit dem Auto“ sollte als Zwischenüberschriften möglichst nicht diese hier wählen:
• „Tag 1“
• „Tag 2“
• …
• „Tag 14 – langsam wollen wir wieder nach Hause“
Deutlich besser wäre etwa
• „Turin – quasi noch in der Schweiz (Tag 1)“
• „Mailand bei strahlender Sonne (Tag 2)“
• …
• „Reggio Calabria – der nächste Urlaub geht dann nach Sizilien (Tag 14)“
Gegen etwas Prosa und den eigenen Stil ist überhaupt nichts einzuwenden. Die Empathie für die Leser macht den Unterschied. Jemand, der von Rom aus Richtung Süden reist, interessiert sich nur für einen Teil des Berichtes, aber woher soll diese arme Person wissen, dass Rom Tag 8 war und der Text ab dort relevant wird?
6. Hervorhebungen
Es gibt diverse Möglichkeiten, wichtige Aussagen hervorzuheben. Am einfachsten ist das Fetten wichtiger Worte. Dann gibt es
Zitate (HTML: Blockquote).
Je nach Plattform und Stilen (CSS) gibt es noch diverse andere Hervorhebungen durch Infokästen, Schriftfarbe, Schriftgröße oder Hintergrundfarbe.
Dabei sollte nur wirklich wichtiges hervorgehoben werden. Hält man nämlich alles für wichtig und nutzt zu viele verschiedene Elemente, sieht die Website bald so aus wie diese hier (und die dort verlinkten).
7. Fazit
Im Fazit sollten sämtliche Inhalte kurz und bündig zusammengefasst werden. Dabei muss auf die aufgeworfenen Fragen aus dem Teaser oder der Einleitung eingegangen werden. Danach ist es angebracht, dem Leser eine Handlungsaufforderung mitzugeben, also ganz konkret darauf hinzuweisen, was als nächstes zu tun ist. Das kann sehr Verschiedenes sein, zum Beispiel:
- RSS-Feed oder E-Mail-Newsletter abonnieren
- Anderen Beitrag lesen
- Etwas kaufen
- Den Beitrag teilen (via Social Media, E-Mail, …)
- Kommentar verfassen
Extra-Tipp: Visualisierung
Manchmal ist es besser, gar nichts zu schreiben und stattdessen ein Bild oder Video zu zeigen. Manchmal. Häufig ist eine gute Grafik, schematische Darstellung oder ein Foto einfach eine sehr gute Ergänzung zum Text. Denken wir einmal an das Beispiel Italienreisebericht zurück. Für Leser, die sich mit italienischen Städtenamen eher schwer tun, kann eine Karte mit eingezeichneter Route viel hilfreicher sein als die Gliederung mit den Stationen.
8. Checkliste
Überschrift:
- Leserschaft
Ist die Zielgruppe klar identifiziert und wird sie direkt von der Überschrift angesprochen? - Klarheit
Sind technische oder unnötige Begriffe enthalten? - Emotion
Wird ein Gefühl deutlich verbalisiert? - Intention
Vermittelt die Überschrift, was vom Text erwartet werden kann? - Interesse
Überrascht die Überschrift? Wird Interesse geweckt, weil eine relevante Frage oder aktuelle Diskussion der Zielgruppe aufgegriffen wird? - Schwung
Leitet die Überschrift flüssig in die Unterüberschrift und die Einleitung über?
Unterüberschrift
- Verbindung
Wird dem Gedanke, Konzept oder Gefühl aus der Überschrift Nachdruck verliehen? - Spezifikation
Wird die breiter gefasste Überschrift passend in Bezug zum folgenden Text thematisch eingegrenzt? - Schwung
Leitet die Unterüberschrift flüssig in den ersten Satz der Einleitung über?
Einleitung
- Schwung
Nimmt die Einleitung den emotionalen/mentalen Schwung aus den Überschriften mit? - Flow
Ist der erste Satz der Einleitung leicht verständlich und extrem gut lesbar? - Motivation
Liefert der einleitende Absatz eine gute, schlüssige und glaubwürdige Motivation, um den ganzen Text zu lesen? - [Bei langen Texten]: Orientierung
Bieten Einleitung und Gliederung sofort Orientierung für diejenigen, die nur an einem Teil des Textes interessiert sind?
Zwischenüberschriften
- Scanbar
Sind Zwischenüberschriften ungefähr gleichmäßig verteilt, sodass keine langen Textabschnitte ohne Auflockerung übrigbleiben? - Intention
Vermittelt jede Zwischenüberschrift klar, was von den folgenden Absätzen erwartet werden kann?
Fazit
- Klimax
Wird das Gefühl, die Frage oder Aussage aus der Überschrift am Ende des Textes nochmals dramatisch aufgegriffen? - Quintessenz
Werden alle relevanten Aussagen der einzelnen Gliederungspunkte einprägsam wiederholt? - Handlungsaufforderung
Gibt es zum Abschluss des Textes eine einzige, klare und einfache Aktion, zu der Leser aufgefordert werden? Ist diese gut sichtbar und ansprechend (Button, Eingabefeld, kurzes Formular)?
Sprache
- Brand Voice
Passt der Text sprachlich zur restlichen Unternehmenskommunikation (Text auf der Homepage, im E-Mail-Newsletter, in Katalogen etc.)? - Du da! / Sie da!
Wird der Leser/die Leserin direkt angesprochen? - Fluss
Hört sich irgendein Satz laut vorgelesen komisch an? - Unkompliziert und aufrichtig
Werden allzu technische Begriffe, Branchen-Jargon, Klischees und unsicher wirkende Sprache (Füllwörter, Häufung von Konjunktiven) konsequent vermieden? - Überzeugend
Überzeugen die Argumente im Text durch- Daten
- Anwendungsbeispiele
- Fallstudien oder Testimonials
- Offene Fragen, die Leser von selbst zur gewünschten Schlussfolgerung führen
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Andreas Schülke
Andreas Schülke leitet als Head of Agency die Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Er schreibt schwerpunktmäßig zu den Themen Content-Marketing, Linkaufbau und SEO.
Privat treibt er viel Sport und ist Spielertrainer beim Freizeitliga-Verein SC Münster United. Außerdem ist er Fan von Werder Bremen und musikbegeisterter Hobbykoch.

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April 27th, 2016 at 09:23
Sehr schön auf den Punkt gebracht! Meine Kollegin hat sich auch erst kürzlich mit der Frage auseinandergesetzt, wie wirklich gute Webtexte heute aussehen müssen. Ihre Antwort: https://www.onlinesolutionsgroup.de/blog/erfolgreich-mit-content-marketing-wie-texte-heute-aussehen-muessen/
April 27th, 2016 at 09:33
Danke für den Hinweis. Ich finde, die Tipps von Elisabeth sind eine schöne Ergänzung. Besonders das H.E.I.S.S.-Schema gefällt mir. Am Ende hat allerdings bei der Empfehlung “Keyword-Dichte von 0,5 bis 1,0 Prozent” mein Auge angefangen zu zucken und noch nicht wieder aufgehört 😉
Juli 27th, 2017 at 13:04
Danke fuer die Tipps, sehr gut zusammengefasst.
x finja
Dezember 1st, 2021 at 17:41
Eine sehr gelungene Zusammenfassung. Vielen Dank.
Juli 1st, 2022 at 13:49
Danke für diesen wirklich aufschlussreichen Artikel! Ich werde diese Checkliste für meine zukünftigen Artikel nutzen.