Mit dem Qualitätsfaktor zur Gewinnmaximierung

18. Januar 2011 | Von in SEA

Was bisher geschah

Dieser Post ist der dritte Teil einer Serie, in der das Geheimnis des AdWords-Qualitätsfaktors ergründet werden soll. Bisherige Posts:

  1. Das Qualitätsfaktor-Puzzle
  2. Google AdWords und die Qualität

Im ersten Post ging es unter anderem darum, dass jeder etwas anderes unter Qualität versteht, was ein großes Hindernis beim Verständnis des Qualitätsfaktors darstellt. Im zweiten Post ging es darum, dass Google zwar gerne von Qualität spricht, allem Anschein nach jedoch eher an kurzfristigem Profit interessiert ist. Alle Aussagen in Richtung Qualität erscheinen da eher als geschicktes Marketing.

Annahmen

Im Folgenden bleiben wir bei dieser Grundannahme: Google möchte in erster Linie den eigenen Gewinn maximieren. Aussagen, der Qualitätsfaktor sei zur Sicherung der Anzeigenqualität eingeführt worden, werden zunächst ignoriert. Damit wird die Suche nach dem Qualitätsfaktor plötzlich auf eine ziemlich einfache Frage reduziert: Wie verdient Google am meisten Geld?

Nicht jede Aussage von Google zum Qualitätsfaktor ist als Marketing anzusehen. Es gibt auch technische Details zum Qualitätsfaktor, die wohl kaum in diese Kategorie fallen dürften. Stattdessen sind sie recht begrenzt und stellenweise vage.

Ein solches technisches Detail ist die Funktionsweise der Anzeigenauktion. Bei dieser wird für alle teilnehmenden Anzeigen jeweils das Gebot und der Qualitätsfaktor multipliziert. Das Ergebnis dieser Multiplikation wird als Anzeigenrang bezeichnet und bestimmt dann die Anzeigenreihenfolge.

Um zu ergründen, was es mit dem Qualitätsfaktor auf sich hat, werden nun folgende Annahmen getroffen:

Annahme 1: Google verhält sich gewinnmaximierend.

Annahme 2: Die Anzeigenauktion funktioniert wie oben beschrieben:
Anzeigenrang = Klickgebot * Qualitätsfaktor

Daraus folgt: Die Anzeigenauktion zielt auf Gewinnmaximierung ab.

Die Anzeigenauktion besteht aus Geboten und Qualitätsfaktoren für eine gewisse Anzahl von Anzeigen. Die Gebote und die teilnehmenden Anzeigen stehen dabei fest, variabel sind nur die Qualitätsfaktoren.

Die zentrale Frage lautet also: Wie muss der Qualitätsfaktor ausgestaltet sein, damit die Anzeigenauktion zur Gewinnmaximierung führt?

Schlussfolgerungen

Google verdient erst, wenn jemand auf eine Anzeige klickt. Der Klick ist allerdings nicht garantiert, denn nicht jeder Nutzer klickt auch auf eine Anzeige. Wichtig ist also nicht nur, wie viel ein Werbetreibender für einen Klick bietet, sondern auch, wie viele Klicks er letztlich erzielt.

Zum Zeitpunkt der Anzeigenauktion ist also unsicher, ob es überhaupt zu einem Klick kommt. Sicher ist nur, dass es eine Suche gibt, bei der Anzeigen eingeblendet werden sollen. Zu ermitteln ist also, welche Anzeigenreihenfolge den Gewinn aus diesen Einblendungen maximiert. Und das ist erstaunlich einfach.

Der pro Impression aus einer Anzeige erzielbare Gewinn ergibt sich aus der Multiplikation von Klickgebot und Klickrate. So lässt sich ein Klickgebot sehr einfach in ein Gebot pro Impression umrechnen.

Beispiel:

A bietet 1,00 € pro Klick und erzielt eine Klickrate von 10 %
Daraus folgt: A bietet 10 Cent pro Impression

B bietet 1,50 € pro Klick und erzielt eine Klickrate von 40 %
Daraus folgt: B bietet 60 Cent pro Impression

Die Klickrate hängt allerdings maßgeblich von der Anzeigenposition ab. Im Beispiel nehmen wir nun an, dass B bisher immer auf der ersten Position zu finden war, A immer auf der zweiten. Es ergibt sich also folgendes Bild:

A erzielte eine Klickrate von 10 % auf der zweiten Position.

B erzielte eine Klickrate von 40 % auf der ersten Position.

Die Klickraten sind erst mal nicht vergleichbar: Zwar hat B eine deutlich höhere Klickrate, war aber auch weiter oben gelistet. Dieser Einfluss muss also erst heraus gerechnet werden, bevor die Klickraten verglichen werden können. Die Frage lautet also, welche Klickraten A und B auf der gleichen Position erzielen würden.

Vereinfachend wird nun angenommen, dass eine gleichwertige Anzeige auf der zweiten Position eine nur halb so hohe Klickrate wie auf der ersten Position erzielt. Mathematisch lässt sich das durch “Positions-Klickraten-Koeffizienten” ausdrücken:

Für Position 1: 1,0

Für Position 2: 0,5

Damit lassen sich die Klickraten nun auf andere Positionen umrechnen. Normiert auf die erste Position ergibt sich folgendes Bild:

A würde eine Klickrate von 20 % auf der ersten Position erzielen (10 % / 0,5).

B würde eine Klickrate von 40 % auf der ersten Position erzielen (40 % / 1,0).

Nun lassen sich auch vergleichbare Gebote pro Impression berechnen:

A bietet 1,00 € pro Klick und erzielt eine Klickrate von 20 % auf der ersten Position
Daraus folgt: A bietet 20 Cent pro Impression auf der ersten Position

B bietet 1,50 € pro Klick und erzielt eine Klickrate von 40 % auf der ersten Position
Daraus folgt: B bietet 60 Cent pro Impression auf der ersten Position

Mithilfe der Positions-Klickraten-Koeffizienten lassen sich auch Impressionsgebote für weitere Anzeigenpositionen berechnen:

Gebot pro Impression auf Position X
= Klick-Gebot * Klickrate auf der ersten Position * Positions-Klickraten-Koeffizient(X)

Für die zweite Position müsste man die Gebote also mit dem Faktor 0,5 multiplizieren:

A bietet 10 Cent pro Impression auf der zweiten Position

B bietet 30 Cent pro Impression auf der zweiten Position

Betrachtet man die möglichen Anzeigenreihenfolgen, so sieht man schnell, welche für Google optimal ist. In diesem Fall gibt es nur die folgenden beiden:

A auf Position 1 (Gebot: 20 Cent) und B auf Position 2 (Gebot: 30 Cent) führen zu einem Gesamtgebot für diese Impressionen von 50 Cent

B auf Position 1 (Gebot: 60 Cent) und A auf Position 2 (Gebot: 10 Cent) führen zu einem Gesamtgebot für diese Impressionen von 70 Cent

Letztere Kombination stellt das höchste und damit gewinnmaximierende “Gesamt-Impressionen-Gebot” dar. Das Aufstellen aller Kombinationen ist allerdings gar nicht notwendig: Die optimale Reihenfolge ist stets die der Impressions-Gebote für die erste Position (in diesem Fall als: erst die Anzeige mit den 60 Cent, dann die mit den 20 Cent).

Vergleicht man dieses Vorgehen mit der Anzeigenauktion, dann sieht man sehr schnell, wo der Qualitätsfaktor stecken muss:

Offizielle Anzeigenauktion: Reihenfolge ergibt sich aus Gebot * Qualitätsfaktor

Optimale Anzeigenauktion: Reihenfolge ergibt sich aus Gebot * positionsbereinigte Klickrate

In Gleichungen ausgedrückt: Aus

Offizielle Anzeigenauktion = Optimale Anzeigenauktion

folgt

Qualitätsfaktor = positionsbereinigte Klickrate.

Kann das stimmen?

Um es kurz zu machen: Ja, das stimmt. Allerdings fehlt noch ein entscheidender Baustein. Die endgültige Auflösung gibt’s im nächsten Post.

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Martin Röttgerding

Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.

Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.

10 Kommentare zu “Mit dem Qualitätsfaktor zur Gewinnmaximierung”

  1. Avatar-Foto lars

    Moin Martin,

    so ich kommen deinem Wunsch nach mehr als 140 Zeichen mal nach. Also, dass sollte kein “Mecker-alles-Mist”-Tweet sein, ich hatte nur Anfangs folgenden Part schlichtweg überlesen:

    Nein, mit dem “Geheimnis” meine ich den Schlüssel zum Verständnis des Qualitätsfaktors.

    Doch auch nach lesen des Ausschnitts finde ich die Zusammenstellung aus der Über-Überschrift “Das lüften des QF” unter der Berücksichtigung des wahren Inhalts ein wenig zu vorgegriffen. Wie du ja selbst schreibst geht es lediglich um das – oder ein klareres – Verständnis des QF’s. (Gut, für viele die sich lediglich sporadisch mit dem Thema auseinandersetzen mag das reichen). Wie dem auch sei, ich bin jedenfalls mit einer anderen Erwartungshaltung an den Text, bzw. die Artikel herangetreten.

    Was den bis dato letzten Teil angeht, verstehe ich eines nicht. Du schickst den Leser auf eine Reise durch die Kombinatorik und sagst Ihm, nachdem er sich das durchgelesen hat, dass eine derartige Kombinatorik jedoch gar nicht nötig sei … Beziehst du die Aussage jetzt lediglich auf die letzte Annahme, oder wirklich auf den kompletten Handlungsstrang des Beispiels?

    So, das wars schon .. und dann warte ich mal auf den nächsten Artikel der Reihe 😉

  2. Avatar-Foto Martin

    Hallo Lars,

    danke für den Kommentar. Ja, ich verstehe gut, was Du meinst. Die bisherigen Inhalte finde ich persönlich wichtig, denn ich habe mich wirklich lange mit dem Thema beschäftigt und bin zu der Auffassung gelangt, dass sie alles andere als selbstverständlich sind. Insbesondere die Erkenntnis, dass es schlicht ums Geld geht, ist mir so nirgends begegnet. Statt dessen habe ich bei angesehenen Experten schon fast philosophische Ansichten gefunden. Insbesondere die Idee, dass der Qualitätsfaktor als Belohnung oder Bestrafung für gute und schlechte Advertiser gedacht ist, erscheint mir extrem falsch. Man sehe sich nur mal diesen Post des wahrscheinlich angesehensten Qualitätsfaktor-Experten überhaupt an: http://www.clickequations.com/blog/2010/11/match-types-quality-score-truth/
    Da wird der Qualitätsfaktor unter Fairness-Gesichtspunkten gesehen…

    Ich weiß, “es geht nur ums Geld”, das ist eins von diesen Dingen, bei denen jeder hinterher glaubt, er hätte es vorher gewusst. Insofern kommen die Reaktionen auf den vorherigen Post für mich nicht überraschend. Ich bleibe aber dabei: Das ist nicht so selbstverständlich wie es scheint. Denn ansonsten wäre das “Geheimnis” längst aufgedeckt worden.

    Ja, ich bleibe bei dem “Geheimnis”, das wir lüften werden. Wie gesagt, ich verstehe gut, was Du meinst – es war einfach viel Text, den ich hier produziert habe. Und ich sehe auch, dass die Erwartungen dadurch wohl gesunken sind. Aber ich denke, der heutige Post zeigt, dass es nicht nur um lange Texte geht: Das Konzept der Impressionsgebote und die Formel “Ad Rank = Bid x CTR” als Gewinnmaximierungsstrategie dürften für die meisten Leute neu sein. Und was im nächsten Post kommt dürfte für alle neu sein. Und ich denke, dann passt das mit dem Lüften des Qualitätsfaktor-Geheimnisses auch wieder 🙂

    Was die Kombinatorik-Sache angeht: Der Satz bezog sich nur auf den Abschnitt direkt darüber. Ich sehe aber, wo der Haken ist und werde das mal schnell etwas klarer formulieren. Danke für den Hinweis 🙂

  3. Avatar-Foto Carsten

    Moin Martin,

    schöner Artikel. Schon seit einer Weile bewerte ich alle “Verbesserungen” und Vorgehensweisen von Google nach dem Gewinnmaximierungsprinzip der Page Impressions. Dennoch zielt der QS nicht nur auf den kurzfristigen Gewinn pro Page Impression. Google hat ja bekanntermaßen einen doch recht hohen Marktanteil 😉 Damit das so bleibt, ist Google natürlich davon abhängig, dass die Leute mit Google suchen. Würde die Aktion nur nach Geboten bestimmt werden, würden auch unrelevante Ergebnisse in den Anzeigenpositionen auftauchen. Den Werbetreibenden würde eine CTR von 0,2% ja ziemlich egeal sein, da nur für den Click gezahlt wird. Die User würden Google aber nach und nach den Rücken kehren, oder einfach den Adwordsanzeigen die kalte Schulter zeigen. Langfristig sorgt der QS also auch der Erhaltung der Marktposition.

  4. Avatar-Foto Martin

    Hi Carsten,

    von einer reinen Ordnung nach Klick-Geboten spricht gar keiner: Gewinnmaximierung heißt eben nicht, die Anzeigen nach den Klick-Geboten zu ordnen, sondern nach “Gebot x Klickrate”. Das Ergebnis ist dann ein “Impression-Gebot”, also nicht der Preis, den ein Werbetreibender eingegeben hat.

    Im Impression-Gebot ist die Klickrate mit berücksichtigt. Der Advertiser mit einer CTR von 0,2 % hätte ein entsprechend niedriges Impression-Gebot und würde nach unten sortiert werden.

  5. Avatar-Foto Carsten

    Hi Martin,

    so ganz verstehe ich deinen Kommentar zu meinem Post nicht. Mein Post war eher als Ergänzung zu deinem Artikel zu sehen. Du hast mit deinem Artikel den QS als Maßnahme zur Gewinnmaximierung pro Pageimpression für Google angesehen. Was völlig richtig ist, aber mir fehlte noch die längerfristige strategische Komponente zur Erhaltung der Marktposition, die logischerweise durch Relevanz für den User zu erreichen ist.

  6. Avatar-Foto Martin

    Ich denke, es gibt gar keine längerfristige strategische Komponente, zumindest keine explizite. Indem man die Klickrate mit einbezieht, hat man das ja quasi nebenbei erreicht: Relevante Anzeigen klicken ja auch besser.

    Eine irrelevante Anzeige, die trotzdem oft angeklickt wird, würde auch einen hohen Qualitätsfaktor haben. Das ist allerdings in der Praxis kein Thema. Und so kann Google hergehen und statt Klickrate einfach von Qualität sprechen. Und statt von kurzfristiger Gewinnmaximierung spricht man von Nachhaltigkeit, Relevanz und hochwertiger Nutzererfahrung.

  7. Avatar-Foto Carsten

    Richtig man erreicht das nebenbei, aber ich denke schon das sich da Google bei jeder Maßnahme auch längerfristige strategische Ziele verfolgt. In diesem Fall hat man sicherlich absolute Zielharmonie :-). Mir fällt jetzt gerade keine Maßnahme ein, die zwar kurzfristig den Gewinn pro PI maximieren würde, aber langfristig zu einem Verlust der Marktanteile führen würde. Höchstens vielleicht mehr Premiumpositionen für Adwordsanzeigen. Mehr als 3 (oder 4?) hab ich noch nie gesehen, mehr wären sicherlich kurzfristig lukrativ :-), aber würden langfristig vielleicht den User stören.

  8. Avatar-Foto Martin

    Genau, es gibt eine absolute Zielharmonie beim Qualitätsfaktor: Kurzfristige Gewinnmaximierung führt auch zu guten Suchergebnissen. Deshalb macht es überhaupt keinen Sinn, den Qualitätsfaktor noch anhand anderer Kriterien auszurichten.

    Man muss sich klar machen, es geht hier nur um die Reihenfolge der Anzeigen. Die kann entweder gewinnmaximierend und “hochqualitativ” sein, oder eben nur “hochqualitativ”. Wenn ich Google wäre, ich wüsste, für welche von beiden ich mich entscheiden würde 😉

  9. Avatar-Foto Yurtlu

    Wıe kommst du zu solchen erkenntnissen.

    Machst du auch Adwords ?

    Was hast du ausgegeben beı Adwords um dıes alles zu dokumentıeren oder festzustellen.

    Ich habe Google unter anderem wegen QF verklagt und setze mich mit denen vor Gericht auseinander.
    Alles was Google über QF sagt oder schreibt ıst wıdersprüchlich.

  10. Avatar-Foto Martin

    Klar mache ich auch AdWords, das ist immerhin ein SEO/SEM-Blog 😉

    Die Erkenntnisse beruhen allerdings auf logischen Schlüssen und ein wenig Mathematik, nicht auf einer großen Menge empirischer Daten.

    Eine wichtige Erkenntnis ist, dass es so etwas wie einen optimalen Qualitätsfaktor gibt, nämlich die korrekte Schätzung der Klickwahrscheinlichkeit. Google hat ein großes Interesse daran, das möglichst richtig zu machen, denn alles andere kostet Geld. Ein zu hoher oder zu niedriger Qualitätsfaktor liegt also nicht in Googles Interesse – absichtlich einen falschen Qualitätsfaktor zu vergeben ist also nicht sinnvoll. Deshalb würde ich Google dafür nicht verklagen…

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