SEO + Brands: Ich soll zu einer Marke werden? Echt, jetzt? [Search Camp Episode 150]

20. Oktober 2020 | Von in Podcast "Search Camp", SEO

Google liebt Marken. Aber was bedeutet das für mich in Bezug auf SEO? Wie soll ich als kleiner Handwerker oder Fußpfleger denn zur Marke werden? Oder gilt das nur für die großen Unternehmen? Fragen über Fragen …

 

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Transcript

Moin! Wie immer vielen Dank fürs Einschalten. Schön, dass du wieder dabei bist bei dieser neuen Podcast-Episode, und zwar zum Thema „Echt jetzt? Ich soll eine Marke sein?“. Total verrückt. Es geht natürlich insgesamt ums Thema SEO.

Wer so ein bisschen die Historie verfolgt hat vom Google Algorithmus, da gab es schon ein paar Veränderungen und es gab immer Signale oder Entwicklungen im Algorithmus, wo man sagen kann, Google liebt Marken. Es gibt dieses fast schon legendäre Zitat von Eric Schmidt, damals CEO von Google, kommt aus dem Jahr 2008, da hat er gesagt: „Brands are the solution, not the problem“. Also Marken sind die Lösung, nicht das Problem. „Brands are how you sort out the cesspool“. Und cesspool steht für Jauchegrube, also quasi, Brands helfen dir dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen, sozusagen. Schön ausgedrückt. Also ich bleib dabei, Marken können viele Vorteile in Bezug auf SEO haben. Und gerade wenn ich das mit kleineren Unternehmen bespreche in Seminaren, in Workshops wie auch immer, sagen die oft so, ja, ist ja ganz nett, aber meine kleine Klitsche hier soll eine Marke sein? Geht’s noch? Da muss ich ganz ehrlich sagen, klingt natürlich erst mal komisch, aber natürlich bist du eine Marke. Deswegen lass uns erst mal damit anfangen, wie ist das eigentlich mit Marken und Google und SEO?

 

Punkt 1: Woher kennt Google Marken?

Google hat keine Datenbank, wo alle Marken drinstehen. Und es gibt nicht so eine Liste und da steht IKEA und Volkswagen und Böklunder und Chio Chips und was auch immer. Sondern die Suchmaschine nimmt verschiedene Signale und bewertet eine Website nicht deswegen hoch, weil sie in dieser nicht vorhandenen Liste aller Marken steht, sondern weil sie eben ganz bestimmte Signale generieren kann. Das können sein, ganz bestimmte Backlinks, die du nur als Marke bekommst, oder Erwähnungen, die du nur als Marke bekommst, oder auch Brand Search, das heißt, jemand sucht nach einer Marke in der Google Suche. Das heißt nochmal, der Algorithmus wertet nicht die Marke selber hoch, weil sie eine Marke ist, sondern honoriert Signale, die Marken typischerweise haben.

Es zählt also nicht sowas wie die Markenbekanntheit, ob sie jetzt gestützt oder ungestützt ist, sondern die einzige Frage ist: Habe ich die nötigen Signale? Werde ich zum Beispiel, weil ich eine Marke bin, häufiger und von stärkeren Websites verlinkt? Das ist übrigens auch ein Grund, warum interessanterweise nicht immer der Marktführer ganz vorne steht, sondern es gibt wirklich Situationen, wo man sagen kann, dass nicht die bestbekannte Marke innerhalb einer bestimmten Branche ganz vorne steht, sondern andere können vielleicht jetzt gerade bessere Signale erzeugen.

 

Punkt 2: Es geht um Online-Signale!

Das ist das, was Google messen kann. Das heißt, wenn du jetzt Plakatwerbung schaltest oder Messeauftritte, dann zählt das da erstmal primär nicht rein. Es kann natürlich oft online Signale erzeugen. Also angenommen, du hast einen Messeauftritt, dann bekommst du in der Regel einen Link von einer Messegesellschaft. Oder du hast einen Award gewonnen, dann wirst du vielleicht in einer Fachzeitschrift erwähnt. Das heißt, manches passiert direkt und manches passiert eben auch indirekt, zum Beispiel, weil dich jemand auf einer Messe gesehen hat. Das ist natürlich immer das Riesenproblem der Attribution: Was hat mir eine ganz bestimmte Sache gebracht? Aber das werden wir hier heute nicht lernen.

 

Punkt 3: Marke sein ist nicht binär

Also man ist eben nicht einfach eine Marke oder man ist eben keine Marke. Das ist natürlich ein Spektrum. Manche Marken sind natürlich stärker und haben dadurch auch viel mehr Signale als andere. Absolut richtig.

 

Punkt 4: Marke ist immer relativ

… nämlich bezogen auf deine Branche oder zum Beispiel auf eine lokale Ausrichtung. Das heißt, im SEO-Bereich, natürlich weiß so ziemlich jeder, wer Searchmetrics oder Sistrix oder SEMrush oder Xovi – habe ich noch jemand vergessen? – ist. Das heißt, das sind Marken. Außerhalb unserer Branche kennt die niemand, also wahrscheinlich nicht. Muss ja auch nicht.

Analog ist es im lokalen Bereich, weißt du, wenn du Immobilienmakler in Darmstadt bist, dann kennt wahrscheinlich jeder diesen einen Immobilienmakler für Darmstadt. Oder ich bin hier in Emsdetten, da gibt’s halt so diesen einen, den einfach jeder kennt, aber außerhalb von Emsdetten kennt den natürlich niemand. Das muss aber natürlich in Bezug auf SEO gar nicht sein, denn es geht ja immer darum, dass du ganz bestimmte Signale erzeugst, die sich auf das aktuelle Suchergebnis beziehen. Das heißt, wenn jemand jetzt nach „Immobilienmakler Darmstadt“ sucht, dann guckt Google halt nach, welche Immobilienmakler gibt’s da denn so und rankt die halt auf Basis der Signale. Das heißt, wenn du deutschlandweit bekannt wärst als Immobilienmakler in Darmstadt, würde dir das vielleicht gar nicht so viel bringen. Also Marke sein ist immer relativ. Und nochmal, selbst wenn du eine absolut kleine Klitsche bist, du bist ein Ein-Mann-Unternehmen und, ich weiß nicht, ist jetzt nicht Ein-Mann-Unternehmen, fällt mir gerade nichts Gutes ein. Wir haben zum Beispiel eine Putzfirma, die halt unser Büro saubermacht. Und die sind eine Marke, also als Unternehmer hier in diesem schönen Emsdetten kennt man die einfach. Und man weiß auch, wenn da eine Hütte dreckig ist, dann gehst du am besten dahin. Und auch das nochmal, das ist Marke. Selbst, wenn du noch so einen kleinen Laden hast, du bist eigentlich immer eine Marke, wenn du natürlich jetzt auch ein klein bisschen nach draußen gehst.

 

Was heißt das alles für dich?

#1: Nimm das Thema Marke ernst

Wenn du natürlich relevant viele Wettbewerber hast, das ist klar. Also unter den Blinden ist der Einäugige König und ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss. So, jetzt fünf Euro ins Phrasenschwein gedroschen. Das heißt, es ist natürlich immer eine Frage der Konkurrenz. Wenn alle deine Wettbewerber unbekannt sind, dann musst du ja rein theoretisch auch nicht zur Marke werden, um sie in Google zu schlagen. Passiert nur relativ selten. Anfang des Jahres habe ich mal einen Vortrag gehalten in Westerkappeln. Wer das nicht kennt, man kann relativ schnell dran vorbeifahren, relativ kleiner Ort, da gab es zwei Rechtsanwälte. Das heißt, wenn du jetzt ein Rechtsanwalt bist und du hast nur einen Konkurrenten, meine Güte, dann ist das Thema jetzt SEO-technisch grad für dich nicht so wahnsinnig hoch. Aber natürlich, wenn du eine höhere Konkurrenzsituation hast, du bist Rechtsanwalt in Berlin oder du bist Immobilienmakler in Frankfurt, dann ist die Nummer auf einmal ganz anders. Und dann ist der Effekt dessen, was dir eine Marke bringen kann, viel, viel höher.

 

#2: Das Thema wirkt größer, als es ist!

Sehe bitte das Thema Marke nicht als ein Thema an, das so ungefähr das ist, was IKEA und Volkswagen so machen mit Marke. Also Markenführung, Sinus-Milieus, TV-Werbung, natürlich kannst du das alles machen, überhaupt keine Frage, aber du musst keine Angst vor dem Thema haben, nur weil es immer so groß klingt. Ich habe eben schon gesagt, wenn es nur um deine Branche geht oder nur um Lokalität, dann ist es halt so. Das ist vollkommen okay. Habe da nur keine Angst vor. Auch nochmal, du bist eine starke Marke, wenn du es richtig anstellst.

 

#3: Marke nur für SEO? Nicht unbedingt…

Das Thema Marke. Ich meine, das hier ist jetzt ein Search Podcast und wir reden über SEO und Marke ist aber nicht nur wichtig für SEO. Und das ist ein total interessanter Punkt. Wenn nämlich Google dein Treiber ist zu sagen, ich will jetzt eine Marke sein, damit ich in Google besser ranke, dann lass es vielleicht lieber sein, denn Marke ist auch eine Chance sich von Google unabhängig zu machen. Das heißt, der Effekt, das sind vielleicht bessere Rankings, aber anteilig wirst du auch mehr Traffic aus anderen Kanälen kriegen, zum Beispiel aus Brand Search oder einfach nur Type-Ins, also jemand, der einfach dich nur kennt. Das ist das Schöne daran, wenn du eine Marke wirst, um in Google besser zu ranken, erreichst du zwar den Effekt, aber du kriegst noch viel mehr da hinten heraus. Und Marke zu sein nur für SEO, halte ich jetzt ehrlich gesagt für ein bisschen einen zu geringen Treiber.

 

#4: Welche Signale kann Google messen?

Ich habe insgesamt gesagt, Google misst Online-Signale. Das heißt, es ist natürlich immer eine gute Idee, wenn du bevorzugt auf Maßnahmen setzt, die auch online Spuren hinterlassen. Das heißt, wenn du so zehn Ideen auf deinem Zettel hast und eine Idee ist Podcast und eine andere Idee ist Plakatwerbung, dann ist in diesem Fall Podcast vielleicht besser. Oder ein Whitepaper schreiben oder Messeauftritte, würde ich vielleicht sagen, vielleicht ist Whitepaper in diesem Punkt besser, weil es eben Online-Signale erzeugt. Nochmal: Wenn SEO eben auch in deinem Fokus liegt.

 

#5: Nutze das, was Du schon hast!

Für mich ist es immer wichtig, dass man auch erst mal guckt, was habe ich eigentlich schon so an Verbindungen? Was habe ich schon so an Touchpoints mit anderen Unternehmen? Wir haben ja gesagt, wir müssen Online-Signale erzeugen. Und vielleicht können wir ganz einfach welche erzeugen, weil wir sie faktisch schon haben, sie sind nur noch nicht realisiert. Also angenommen, du hast eine Partnerschaft mit der Uni, aber die Uni erwähnt dich nirgendswo, keiner weiß davon, es gibt auch keinen Link oder sowas. Das heißt, erstmal alles durchgehen und zu gucken: Okay. Wo kann ich mich erwähnen lassen? Wo kann ich mich verlinken lassen? Wo kann ich aus dem, was ich habe, noch mehr positives herausziehen, was so ein bisschen in die Richtung Marke geht? Kann mich zum Beispiel dieser andere Partner, mit dem ich da verbandelt bin, kann der mich unter „Partner“ verlinken auf seiner Website oder kann der mal was Gutes in sozialen Netzwerken über mich schreiben? Schreibe ich vielleicht was Gutes über ihn, was er dann einfach nur noch retweeten, reliken, resharen, irgendwas kann.

 

#6: Differenzierung

Ich persönlich glaube, ein wichtiger Schlüssel zur Marke zu werden ist Differenzierung. Also wenn es 100 Anwälte in Frankfurt gibt oder 1.000 in Berlin oder was weiß ich, 1.000 Fußpfleger in Berlin, dann ist natürlich die Frage, wenn es 1.000 davon gibt, warum solltest du eigentlich, warum hast du bei Google die erste Seite verdient überhaupt, wenn es 1.000 andere gibt? Das schaffst du nur, zumindest in vielen Bereichen, über Differenzierung, dass du einfach sagst: Okay. Wo bin ich denn anders?

Das ist manchmal ein bisschen schwierig für uns Deutsche oder auch in manchen Branchen ist das schwierig, weil viele sich das nicht trauen. Das ist auch manchmal ein bisschen unangenehm. Überhaupt die Frage der Brand Voice, also wie will ich wahrgenommen werden da draußen? Wie spreche ich und wer spricht überhaupt nach außen? Wie sorgst du überhaupt dafür, dass du als unterschiedlich wahrgenommen wirst? Es gibt diesen schönen Ausdruck im Englischen, der heißt Same Shit. Also wenn du den Same Shit machst wie alle anderen 999 Fußpfleger, dann hast du auch kein gutes Ranking verdient, dann bist du auch keine Marke.

Nochmal: Was machst du anders? Wenn du mir das nicht sagen kannst, sorry, nochmal, dann bist du keine Marke. Du bist keine Marke, wenn du das Gleiche machst, was alle anderen machen, das funktioniert nicht.

 

#7: Content ist der Schlüssel zur Marke

Ich persönlich glaube, Content ist der Schlüssel dazu, online zu einer Marke zu werden. Natürlich kannst du auch irgendwie Banner schalten und Display und was weiß ich nicht, Social, alles machen, alles kaufen, kaufen, kaufen, aber ich glaube, am Ende des Tages, für die meisten ist das Generieren von relevantem Content der Schlüssel dazu, zu einer Marke zu werden. Und das heißt nichts anderes, als dass du das Thema Content ernstnehmen musst. Das heißt, du hast keinen Plan, wo irgendwas quantitativ draufsteht. Also da steht nicht: Du schreibst 52 Blogbeiträge, also einen pro Woche. Warum sollte das ein Ziel sein? Das kann null Impact haben. Sondern du musst immer gucken: Was kann ich machen, was richtig reinkracht? Und vor allem: Wo eben auch Marke hinten herauskommt, also wo jemand, gerade wenn ich anders bin als die anderen, wo der das auch wahrnimmt. Nochmal: Ich kann 52 Blogbeiträge schreiben mit Zero Impact oder ich kann eine Megaanalyse pro Jahr machen, die euch von den Socken haut, die vielleicht von der Vogue übernommen wird oder von der Absatzwirtschaft oder was auch immer, also irgendein spannendes Medium.

 

#8: Markenaufbau ist Marathon

Naja, SEO ist auch Marathon, deswegen passt das beides eigentlich ganz gut zusammen. Das heißt, all das geht nicht über Nacht. Es wäre schön, wenn das ginge, klappt nur eigentlich nicht. Also überlege dir, mach dir einen Jahresplan, wie auch immer, aber hauptsächlich ist halt wichtig, dass du das richtige Mindset entwickelst, dass du auch zu einer Marke werden willst und dass du dir, wie gesagt, auch wirklich überlegt hast: Wie willst du wahrgenommen werden? Wer willst du sein? Nochmal: Das fällt vielen Kleinstunternehmen schwer. Ich kenne auch so ein paar Handwerker, wo ich sage, ja, das sind Handwerker, die sind keine Marke. Und ich kenne auch Hausärzte, die sind einfach nur Hausärzte, die sind keine Marke. Auf der anderen Seite ist es dann total erfrischend, wenn du auch in so einem kleinen Kaff wie hier Leute triffst, die es einfach trotzdem geschafft haben, obwohl sie alle eine vergleichbare Leistung haben, trotzdem zu einer Marke zu werden.

 

Finale

So. Das waren meine Gedanken zum Thema SEO und Marke, und vor allem zu der Frage: „Echt jetzt? Ich soll eine Marke sein?“. Denn nochmal: Vielen kleinen Unternehmen fällt es sehr schwer eine Marke zu sein oder zu glauben, dass sie eine Marke werden könnten. Das muss nicht mal wie gesagt etwas Großes sein, das muss nicht Fernsehwerbung sein oder irgendwas, sondern am Ende des Tages ist fast jeder eine Marke, der sich wirklich ein paar Gedanken dazu macht. Und dann natürlich nochmal die Frage: Hilft mir das in Google, hilft mir das in Bezug auf SEO? Natürlich kann dir das in Bezug auf SEO helfen, wenn es denn die richtigen Online-Signale erzeugt. Und da muss man natürlich manchmal ein bisschen nachhelfen, aber im Großen und Ganzen funktioniert es eigentlich schon.

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Markus Hövener

Markus Hövener ist Gründer und SEO Advocate der auf SEO und SEA spezialisierten Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als geschäftsführender Gesellschafter von Bloofusion Germany ist er verantwortlich für alle Aktivitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Markus Hövener ist Buchautor, Podcaster und Autor vieler Artikel und Studien rund um SEO.

Markus hat vier Kinder, spielt in seiner Freizeit gerne Klavier (vor allem Jazz) und genießt das Leben.

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