Was ist ein guter SEO Score? 100 %? [Alles auf Start 93]
Einige Tools geben einen SEO Score aus. Eigentlich ist das doch eine gute Sache, weil man so schnell sehen kann, wie gut eine Seite/Website ist, oder? Ganz so einfach ist leider nicht, denn so richtig aussagekräftig sind die Scores nicht – aus sieben Gründen, auf die ich in dieser Episode eingehe.
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Was ist ein guter SEO Score? 100 %?
Worum geht es eigentlich? Es gibt verschiedene Tools, zum Teil kostenpflichtig, zum Teil kostenlos. Da kann ich meine Website hereinstecken und dann geben die mir einen Score aus. In der Regel ist das ein Wert zwischen null und hundert Prozent. Ryte macht das zum Beispiel so oder Seobility. Die geben halt einen Score.
Das klingt immer ganz gut, und da könnte man den Eindruck bekommen, wenn man jetzt einen Score hat von 100 Prozent, dann ist alles optimal. Oder man könnte den Eindruck bekommen, wenn ich einen habe von 50 Prozent, dann gibt es Maßnahmen, die mir das Tool dann auch nennt, die ich umsetzen kann, und dann habe ich mich verdoppelt – vielleicht in der Sichtbarkeit.
Alle diese Gedanken habe ich schon mal gehört von Leuten. Und da muss man jetzt ehrlich sagen: Das funktioniert so nicht.
Und darum soll es heute gehen. Ich möchte euch insgesamt warnen. Ich möchte, dass ihr meinen Schmerz spürt, den ich tagtäglich habe, wenn ich sowas höre, vor allem von absoluten Einsteigern. Und da habe ich ja ein paar Formate, die ich da bediene. Deswegen, ja, ich kriege viele Fragen und habe sehr viele Berührungspunkte mit Leuten, die einfach auf solche Tools reinfallen. ich möchte euch heute einfach mal da durchführen. Selbst wenn ihr sagt, “Hey, ich würde da doch nicht drauf reinfallen!”, ist trotzdem die Hinleitung, glaube ich, noch ganz interessant.
#1: Die Tools haben in der Regel keine Kenntnis von euren Suchbegriffen.
Das ist leider so, ob ich jetzt einen Crawl nehme oder was auch immer. Die wissen nicht, was eure Suchbegriffe sind. Die gucken sich halt Anomalien auf Seiten an. Ist der Seitentitel zu lang? Fehlt hier ein Alt-Attribut? Alles gut, aber im Kern geht es doch immer darum: Babt ihr Suchbegriffe, die gut sind? Passen die zu eurer Customer Journey? Habt ihr überhaupt mit eurer Website alle relevanten Keywords und Keyword-Kombinationen abgedeckt? Passt der Content überhaupt zum Search Intent?
Ansonsten kannst du den besten Content haben, die beste Seite, aber du rankst einfach nicht dafür, weil Google einfach was ganz anderes zeigen möchte. Die Tools wissen das aber in der Regel nicht. Die gucken sich eben Anomalien an. Und deswegen ist das Ganze natürlich schon mal in sich schwierig.
#2: Manche dieser Tools gucken sich Aspekte an, die gar nicht relevant sind fürs Ranking.
Es gab mal so ein Tool – ich möchte jetzt keinen Namen nennen – das hat immer ausgegeben, wenn die robots.txt gefehlt hat. Die robots.txt hat erstmal nichts mit Rankings zu tun. Wenn ich sie nicht habe, heißt das nicht, dass ich deswegen irgendwie schlechter oder besser ranke. Es gibt halt Sachen, die sind halt nicht immer relevant.
Wenn man sich zum Beispiel anguckt: Fehlen bei Bildern Alt-Attribute? Das Alt-Attribut wird ja gebraucht, um das Bild zu beschreiben, und es kann durchaus in der Bildersuche hilfreich sein, wenn man das gesetzt hat. Das stimmt, aber es hängt sehr stark vom Bild ab. Weil du hast vielleicht Bilder bei dir auf der Webseite, das sind irgendwelche Stockbilder. Oder du hast ganz unten auf der Seite ein kleines Icon mit Kreditkartenlogo oder so etwas. Da muss kein Alt-Attribut dran. Vielleicht aus Gründen der Barrierefreiheit, vielleicht. Aber definitiv nicht für SEO.
Das Alt-Attribut gehört nur an Bilder, die auch wirklich suchrelevant sind. Und da kann es natürlich passieren, dass du einen schlechten Score kommst für Maßnahmen oder für fehlende Sachen, die überhaupt keine Relevanz haben. Die nichts verändern werden von dem Spiel.
#3: Die Tools gucken sich etwas an, das von Google ganz einfach repariert werden kann.
Auch hier gibt’s einen Klassiker, nämlich fehlende Canonical Tags. Erst mal muss man sagen, Canonical Tags sind definitiv best practice. Man sollte für alle Seiten auf der Website ein Canonical Tag haben. Wenn ich das aber nicht habe, ist das kein Untergang, sondern Google kanonisiert sowieso auf Basis der Canonical Tags und dessen, was Google so für sinnvoll hält. Wenn ich keine Canonical Tags habe, dann wird Google einfach anders kanonisieren. Und häufig ist das gar nicht mal die schlechteste Lösung. Und häufig kriegt Google das auch prima hin. Und trotzdem kriege ich quasi einen Score-Abzug. Versteht mich nicht falsch; Canonical Tags sind best practice. Ich würde sie immer drin haben wollen. Aber eine Webseite, die keine hat, wird nicht dadurch besser, dass ich sie einbaue.
#4: Die Tools gucken sich manches auch gar nicht an.
Zum Beispiel können sie einfach gar nicht prüfen, ob alle relevanten Markups in der Seite drin sind. Zum Teil können sie auch gar nicht gucken, ob Markups fehlerhaft drin sind. Das kannst du eigentlich nur in der Google Search Console sehen.
Es gibt da Tools wie der Screaming Frog SEO Spider, die manche Markups als fehlerhaft monieren und Google kommt damit zurecht und umgekehrt. Also auch das sind einfach Sachen, die können sich die Tools gar nicht richtig angucken. Und deswegen tun sie es in der Regel auch dann vielleicht eher gar nicht.
#5: Die Tools schauen sich manchmal nur eine einzige Seite an.
In der Regel muss ich eine URL eingeben von meiner Website. Ist ja auch ganz gut, aber du hast tausend gute Seiten auf der Webseite oder zwanzigtausend. Und auch das muss man erst mal verstehen, dass Seite und Site etwas ganz Unterschiedliches meint.
#6: Die Tools ignorieren in der Regel den Teil Offpage oder stellen ihn sehr vereinfacht dar.
Offpage ist ja sehr wichtig für Google Rankings. Das heißt, du brauchst Backlinks, du brauchst externe Links, andere Websites, die auf dich verlinken. Und manche dieser Tools gucken sich diesen Teil gar nicht erst an, weil sie vielleicht keinen Zugriff auf eine Linkdatenbank haben. Oder sie gucken sich sehr vereinfachte Metriken an, wie zum Beispiel die sogenannte Domain-Popularität. Also, wie viele Seiten verlinken denn jetzt auf diese Seite? Aber das sagt ja nichts über die Qualität aus. Und um die geht es leider.
Das heißt, selbst wenn man sich die Domain-Popularität anguckt oder die IP-Popularität oder was es auch alles nicht geben kann, an Metriken, da sind immer nur sehr platt geklopfte Metriken, die bestenfalls eine Korrelation haben mit dem – mit einer wirklich realen Auswertung der Situation. Und allein aus diesem Grund können die meisten SEO-Tools in ihrem SEO-Score nicht wirklich das gleiche abbilden, was Google eigentlich von deiner Website erwartet.
#7: Die Frage der Gewichtung
Angenommen, du hast einen Score von 50 Prozent, dann fehlen dir ja eigentlich 50 Prozent zu den 100 Prozent. Was heißt denn das jetzt? Heißt das wirklich, wenn ich das jetzt alles repariere, was mir da fehlt, dass ich dann auch doppelt so gut bin? Dafür müssten die Aspekte ja gemäß Google-Algorithmus gewichtet sein. Aber so funktioniert der Algorithmus ja schon gar nicht erst. Also, ich nehme eine Sache dabei, und die macht jetzt 4 Prozent aus. Das kann überhaupt keiner dran schreiben an manch Maßnahmen. Und vor allem nicht an die Maßnahmen, die die Tools prüfen. Also nicht mal Google könnte so ein Tool basteln, was einfach nur einen Score ausliefert und dann eben sagt, so, jetzt, du bist bei 80 Prozent, macht die 20 noch, und dann sind wir voll im Geschäft. So funktioniert das Spiel leider nicht.
Finale
Das waren meine sieben Punkte. Deswegen, von mir persönlich jetzt noch ganz wichtiger Hinweis, den ich euch immer geben muss: Optimiert die Website nicht, damit ihr irgendwo 100 Prozent Score bekommt. Es kann sein, dass ihr danach nach wie vor nicht gut rankt, zum Beispiel, weil die Offpage-Thematik gefehlt hat.
Natürlich sollte man sich die Punkte anschauen, die so ein Tool moniert. Überhaupt keine Frage! Und dann solltest Du prüfen, ob die wichtig sind. Und genau hier kommt das Problem ins Spiel, denn viele können gar nicht beurteilen: Was bringt mir das denn jetzt? Und dann hast du natürlich zwei Möglichkeiten. Möglichkeit eins ist, du baust das Wissen auf, oder Möglichkeit zwei, du legst einfach los. Und da muss ich leider sagen, Möglichkeit zwei ist der schlechtere Weg, weil man damit zu viel Irrelevantes macht und gleichzeitig in der Zeit, die man zur Verfügung hat, nicht das macht, was eigentlich relevant wäre. Man schießt sich also eigentlich doppelt in den Fuß.
Jetzt habe ich heute, glaube ich, viel auf den Tools herumgehackt. Das möchte ich natürlich nicht. Viele dieser Tools benutze ich ja selber, so wie ein Ryte. Und das sind super Tools, aber eben leider in den richtigen Händen. Und ich vergleiche das immer gerne mit einem Arzt, der sich ein MRT-Bild anguckt. Ich könnte da drei Wochen drauf gucken, ich würde noch nicht sehen, was los ist. So ein Arzt kann das aber, weil er es halt gelernt hat. Weil er eben weiß, was das alles ist, was das alles soll.
Es ist leider das Problem dieser Tools, dass die sehr oft in die falsche Richtung weisen. Die Search Console ist da übrigens auch nicht besser. Da gibt’s ja so tolle Reports wie „Seiten“, wo du ganz, ganz, ganz viele Hinweise bekommen kannst für die Indexierung deiner Website. Und dieses Tool ist in den richtigen Händen Gold wert.
Aber wenn du eben nicht das Wissen hast, um das perfekt zu nutzen, dann kann es dich eben auch in die falsche Richtung schubsen. Und dann, ja, im schlimmsten Fall machst du irgendwas kaputt, was eigentlich gar nicht kaputt war. Und das wäre natürlich ziemlich schade.

Markus Hövener
Markus Hövener ist Gründer und SEO Advocate der auf SEO und SEA spezialisierten Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als geschäftsführender Gesellschafter von Bloofusion Germany ist er verantwortlich für alle Aktivitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Markus Hövener ist Buchautor, Podcaster und Autor vieler Artikel und Studien rund um SEO.
Markus hat vier Kinder, spielt in seiner Freizeit gerne Klavier (vor allem Jazz) und genießt das Leben.

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