Studien-Unsinn: Klickt der AdWords Long Tail besser?
Vor ein paar Tagen machte die Studie CTR of top paid ad positions revealed der australischen Agentur First Rate die Runde. Die Agentur gibt darin einen Einblick in die durchschnittlichen Klickraten verschiedener Anzeigenpositionen bei Google und kommt zu interessanten Ergebnissen. Dazu zählt insbesondere die Erkenntnis, dass die Klickraten im Long Tail extrem hoch sind.
Besonders interessant wird die Studie auch dadurch, dass solche Untersuchungen mit konkreten Zahlen nur relativ selten veröffentlicht werden. Das hat allerdings gute Gründe.
Um es kurz zu machen: Die Autoren sind auf ein paar Besonderheiten des AdWords-Reportings hereingefallen – die Studie und ihre Ergebnisse sind nutzlos. Der Begeisterung auf die Studie nach zu urteilen dürfte diese in Zukunft öfters zitiert werden…
Klickraten für Anzeigenpositionen
Fangen wir mit den konkreten Klickraten an. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass diese Zahlen keinerlei Aussagekraft haben. Kurz in ein paar Accounts geblickt sehe ich komplett verschiedene Klickraten bei verschiedenen Themen. Die Bildung eines Durchschnitts scheint da wenig sinnvoll. Aber in den durchschnittlichen Werten verbergen sich noch andere Variablen, die deren Aussagekraft in Zweifel ziehen.
Laut Studie soll die durchschnittliche Klickrate auf Position 1 bei 17 % liegen. Aber wo liegt eigentlich Position 1? Manchmal blendet Google Anzeigen oberhalb der organischen Suchergebnisse ein, dann beginnt die Zählung dort und dann ist deren Klickrate natürlich deutlich höher. Manchmal kommen dort noch Sitelinks hinzu, was die Klickrate weiter steigert.
Ein paar Erkenntnisse der Studie sind sehr erstaunlich. So soll die Klickrate auf den Positionen 4, 5 und 7 konstant bei 5 % liegen, während Position 6 nur auf 3 % kommt. In der Studie wird darauf hingewiesen, dass man dann vermutlich auch mit niedrigeren Geboten die gleichen Klickraten erzielen kann. Auf die Besonderheit, dass die siebte Position besser klicken soll als die sechste, darauf wird nicht eingegangen. Darauf, dass alle Positionen zusammen eine Klickrate von 58 % aufweisen, auch nicht.
Höhere AdWords-Klickrate im Long Tail?
Wer hätte das gedacht: Die AdWords-Klickraten im Long-Tail-Bereich sollen deutlich über dem Durchschnitt liegen. Als Long Tail definiert die Studie dabei Suchanfragen mit mindestens vier Wörtern.
Die Erkenntnis steht der Intuition entgegen. Denn die meisten AdWords-Anzeigen sind für Ein- oder Zweiwort-Keywords gemacht. Für die vielen langen Suchanfragen, die vielleicht ein- oder zweimal im Monat gesucht werden, lohnt es sich höchst selten, spezielle Anzeigen zu erstellen. Aber wieso sollten Anzeigen, die auf kurze Suchanfragen ausgelegt sind, so hohe Klickraten aufweisen? Die Anzeigen sind ja in der Regel viel zu allgemein für die Suchanfragen.
Die Lösung ist ganz einfach: Die Datengrundlage der Studie sind Suchanfragenberichte und Suchanfragenberichte sind meistens unvollständig. Seltene (einmalige) Suchanfragen, die nicht zu einem Klick geführt haben, lässt Google darin gerne mal weg. Weil solche Suchanfragen bevorzugt lang und speziell sind, fallen damit viele Long-Tail-Impressionen unter den Tisch. Ab da ist es einfache Mathematik: Die Klickrate ist die Zahl der Klicks geteilt durch die Zahl der Impressionen. Fallen nun viele Impressionen weg, dann steigt zwangsläufig die Klickrate.
Kurzum: Durch die Methodologie bedingt konnte bei dieser Studie gar nichts anderes herauskommen. Das Ergebnis ist damit hinfällig.
Martin Röttgerding
Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.
Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.
Neueste Artikel von Martin Röttgerding (alle ansehen)
- Das Google Ads-Wissens-Update 2022 – Online-Seminar - 28. November 2022
- Das Google Ads-Wissens-Update 2021 – Online-Seminar - 10. Juni 2021
- Die wichtigsten Neuigkeiten der Google Marketing Keynote 2021 - 31. Mai 2021
- SEA beyond the Basics (Teil 4): Mit Suchkampagnen Filialkunden gewinnen - 16. November 2020
- Google Ads-Wissens-Update 2020 – Das Online-Seminar - 3. November 2020
Oktober 19th, 2010 at 18:03
“Seltene (einmalige) Suchanfragen, die nicht zu einem Klick geführt haben, lässt Google darin gerne mal weg.”
Suchanfragen, die nur Impressionen aber keine Klicks generiert haben, lässt Google immer weg. Oder habe ich etwas verpasst? 🙂
Oktober 19th, 2010 at 19:35
Ja hast Du 😉 Aber mir ging’s genauso… wollte das ursprünglich so schreiben, aber dann habe ich in ein paar Suchanfrageberichte geguckt und recht viele Suchanfragen gefunden, bei denen keine Klicks standen – dabei auch ein paar mit nur einer Impression. Bis heute morgen hätte ich aber auch geschworen, dass es ist, wie Du beschreibst…
Trotzdem, ca. 40 % der Suchanfragen mit Impressions fehlen, alle Suchanfragen mit Klicks werden aber aufgeführt.
Oktober 21st, 2010 at 23:47
mal davon abgesehen, dass der Anzeigentexte ja auch noch eine wichtige Rolle spielen bei der CTR…
Kurz zu den Suchanfragen ohne Klicks. Ihr seid da nicht die einzigen denen es aufgefallen ist:
http://www.adwordshelpexperts.com/2010/05/adwords-shares-search-query-data-for-keywords-that-did-not-result-in-a-click/
Google scheint da nen bisschen rumzuexperementieren. Wäre schön, denn darüber würde man ja vielleicht die wirklichen wichtigen negativen Keywords finden, die den CTR nach unten ziehen.
Oktober 22nd, 2010 at 10:18
Danke für den Link. Gut zu wissen, dass das schon ein paar Monate alt ist. Zumindest kann man sehen, dass Google damals nicht angefangen hat, alle Impressionen zu melden, ansonsten wären die Reports ja inzwischen vollständig…
Oktober 22nd, 2010 at 20:33
Kein ding 😉
Ihr macht gute Arbeit hier im Blog. Bin quasi Stammleser, weiddamachen!
Oktober 25th, 2010 at 10:47
Vielen Dank, das hört man doch gerne 🙂