SEO: In Schönheit sterben? Oder doch lieber pragmatisch? [Search Camp 310]

20. Februar 2024 | Von in Podcast "Search Camp", SEO

Man muss viele Richtlinien und Regeln beachten, wenn man von Google keine Abstrafung oder Abwertung kassieren möchte. Gefälschte Sternchenbewertungen, auf Keywords optimierte Firmennamen – das sollte man lieber nicht machen. Oder etwa doch? Ein kritischer Blick auf ein sehr alltägliches Thema.

 

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SEO: In Schönheit sterben? Oder doch lieber pragmatisch?

Es geht natürlich um SEO und es gibt immer viele Richtlinien und Regeln, die Google uns da so niedergeschrieben hat. So gab es früher die Google Webmaster-Richtlinien und daraus hat Google die Search Essentials gemacht. Und da stehen Sachen drin, die ich einfach nicht machen darf. Und wenn ich die dann mache, dann kann ich abgestraft werden von Google.

Ich zitiere mal zwei Sachen. Nicht erlaubt sind:

  • „Textblöcke mit Städten und Regionen, für die eine Website im Ranking erscheinen möchte.“
  • „Von einem automatisierten Tool übersetzte Texte, die vor der Veröffentlichung nicht manuell überprüft oder zusammengestellt werden.“

Das sind erst mal Regeln. Wie die dann durchgesetzt werden, oder ob die immer so exakt trendscharf sind, das ist ein ganz anderes Thema.

Jetzt muss man sagen, es gibt natürlich nicht nur diese Regeln, die Search Essentials – das Dokument an sich ist schon lang genug – sondern es gibt auch noch viele spezielle Regeln. Zum Beispiel gibt es für jedes Markup eigene Regeln.

Zum Beispiel für das Markup JobPosting, also für Stellenangebote. Da gibt’s auch Regeln dafür, zum Beispiel: Der Name des Stellenangebotes darf nicht komplett in Großschreibung sein. Und für bestimmte Tools wie Google Maps gibt es dann wieder eigene Regelwerke und so. Und theoretisch sollte man die schon können.

Jetzt ist es natürlich so, ich sag mal, wenn man eine ganz normale Website hat und man macht alles richtig und versucht nicht, super schlau und tricksig zu sein, dann wird man in der Regel keine Regeln verletzen. Und doch gibt es natürlich Menschen oder Unternehmen, die das absichtlich machen.

Ich hab mal zwei Beispiele mitgebracht.

 

Beispiel #1: Markup-Trickserein = gefakte Sternchenbewertungen

Sternchenbewertungen an sich habt ihr wahrscheinlich schon mal im Suchergebnis gesehen und die sorgen dafür, dass man eine höhere Klickrate bekommt. Dafür hat Google auch verschiedenes Regelwerk aufgefahren und das geht nicht mehr so einfach. Und trotzdem muss man nicht lange suchen, um was zu finden, wenn man weiß, wonach man suchen muss. Ich geb einfach mal „Schönheitschirurg“ plus eine große deutsche Stadt an. Ich möchte jetzt niemanden hier konkret nennen. Und da gibt’s durchaus Schönheitschirurgen, die haben dann auf einmal so Sternchenbewertungen, obwohl ich eigentlich weiß, dass die die gar nicht haben dürften.

Warum? Einer zum Beispiel, den ich mir angeguckt habe, der hat einfach Product Markup in die Website eingebaut. Der Produktname war dann der Name dieses Schönheitschirurgen und der hatte so und so viele Bewertungen. Das ist natürlich Fake, also da waren gleich zwei Richtlinienverstöße drin. Zum einen ist dieser Mann sicherlich kein Product, also kein kaufbares Produkt. Seine Dienstleistung zwar, aber er selber natürlich nicht. Und das sind sogenannte Self-Serving-Reviews, das heißt, auf der Website habe ich Markup, um mich selber zu bewerten, also mich als Person oder mich als Unternehmen. Und das geht eigentlich gar nicht mehr. Das hat Google vor einigen Jahren auch schon relativ großflächig unterbunden. Aber hier schafft es natürlich jemand, indem er einfach falsches Markup einbaut, trotzdem noch sich diesen Vorteil zu erarbeiten.

 

Beispiel #2:  Local Packs

Das heißt, wenn ich mal nach „SEO + Hamburg“ suche, „+ Berlin“, „+ München“, dann sehe ich oben immer diese drei lokalen Suchergebnisse. Da muss ich auch nicht lange suchen, bis ich jemanden finde, der dann zum Beispiel – fiktives Beispiel – einen Firmennamen hat wie „Petra Müller – SEO Profi Hamburg“.

Die Richtlinie sagt aber: Das darfst du gar nicht machen. Da muss halt dein Firmenname stehen und ich hab das geprüft. Bei denen, die mir aufgefallen sind, war’s definitiv nicht so, dass der Firmenname so hieß.

 

Wollen wir uns an die Regeln halten?

Es gibt also Regelverstöße. Das ist weniger geworden durch die ganz großen Google Updates wie Panda und Penguin, aber trotzdem gibt es an relativ vielen Stellen – manchmal konzentriert auf bestimmte Branchen – gibt es dann aber immer noch Regelverstöße.

Und das ist natürlich auch ein Thema, was ich als SEO auch mit Kunden diskutieren muss, nämlich:

„Wollen wir uns an die Regeln halten? Also: Wollen wir in Schönheit sterben? Oder wollen wir uns nicht an die Regeln halten und uns einen Vorteil herausarbeiten?“

Und nicht selten höre ich dann das Argument: „Meine Konkurrenten machen das auch. Das heißt, wenn ich es nicht mache, habe ich einen Nachteil.“ Und das stimmt erst mal.

Grundsätzlich muss man sagen: Ein Problem mit dieser ganzen Gleichung ist die Unfähigkeit von Google, manche Sachen zu erkennen. Das heißt, wenn man wüsste, dass jemand, der gegen eine Regel verstößt, dafür zielsicher und schnell abgestraft wird, dann würde es niemand mehr machen. Aber so ist es eben nicht.

Bei diesen Sternchenbewertungen, da taucht seit einiger Zeit so ein kleiner Hinweis daneben auf, da steht: „Rezensionen werden von der Google Suche nicht überprüft.“ Also das ist die Antwort von Google darauf, dass da Leute Fake-Reviews einbauen. „Haben wir nicht überprüft, also kannst du dich nicht darauf verlassen.“ Ja, wer sieht denn diesen Hinweis? Und das ist ein Problem.

Ich will jetzt nicht sagen, dass Google auf allen Augen blind ist und alle Regelverstöße einfach mal so brav durchwinkt. Aber es gibt ein paar Sachen, muss man ganz ehrlich sagen, mit denen man jahrelang gut durchkommt. Wie die Sache mit den Sternchenbewertungen.

 

Wie hart ist die Strafe?

Und eine zentrale Frage ist: Angenommen, ich verstoße gegen die Regeln, wie schlimm ist dann die Bestrafung, wenn ich erwischt werde? Neudeutsch: Penalty.

Und bei dem Markup, bei dem Fake-Markup, ist das eigentlich relativ einfach. Wenn Google mich erwischt dabei, dann krieg ich dafür eine Abstrafung. Das heißt, ich kriege eine relativ böse Nachricht in der Search Console. Und vor allem werden mir die Rich Results entfernt, das heißt, ich habe diese Sternchen nicht mehr. Danach habe ich die Möglichkeit, diesen Code zu entfernen oder ihn abzuändern. Und dann kann ich bei Google um Aufhebung der Strafe bitten. Das heißt, rein theoretisch, die maximale Strafe, die hier passieren kann: „Ich habe ein paar Wochen lang keine Rich Results. Ich hab ein paar Wochen lang keine Sternchen. Danach könnte ich sie aber theoretisch wieder kriegen.“

Ob das praktisch mal immer so passiert, ist ein ganz anderes Thema. Heißt aber auch, dass wenn man jetzt fünf Jahre lang gut damit durchkommt, hat man in Summe einen klaren Vorteil, wenn man gegen die Regeln verstößt.

Und deswegen gibt es durchaus einige Kunden, die da so kalkulatorisch herangehen und einfach sagen: „Wenn ich damit fünf Jahre durchkomme und dann fünf Wochen abgestraft werde, so what? Also habe ich definitiv einen großen Vorteil erlangt.“

Und andere, und ehrlich gesagt, viele sagen, wenn ich sie darüber aufkläre: „Nein, ich will nicht das Risiko einer Abstrafung eingehen.“ Manchmal auch begründet dadurch, dass man im Unternehmen nicht negativ auffallen möchte. Das heißt, jemand ist vielleicht Angestellter SEO in einem Unternehmen, ein Inhouse-SEO, und fürchtet einfach Ärger durch Vorgesetzte, wenn die das dann erfahren. Das habe ich gar nicht mal selten, sondern wie gesagt eigentlich sehr oft. „Wir wollen da keinen Ärger mit Google.“

Und dann muss ich sagen, einige wissen’s auch gar nicht. Manchmal ist es so, die SEO-Agentur macht das, die hat freie Hand. Gerade bei kleineren Unternehmen ist das oft so eine Art Freibrief oder die SEO-Agentur macht sowieso selber die Website und vielleicht hat die SEO-Agentur selber nicht so viel Ahnung von dem Thema und von den Risiken. Und dann kann so was natürlich auch passieren.

Das heißt, ich persönlich würde erst mal immer den Kunden aufklären, würde ihm sagen: „Ja, du kannst das einbauen. Du kannst dafür eine Abstrafung kriegen. Du kannst aber auch jahrelang damit durchgehen.“

Und das diskutiere ich mit Kunden. Und deswegen gibt’s auch von mir heute kein klares Fazit oder keine klare Handlungsempfehlung, wo ich sage: „Bau die Sternchen ein oder bau auf keinen Fall die Sternchen ein.“

In diesem Fall ist es wirklich das klassische SEO-Mantra: „Hängt davon ab“. Und vor allem hängt es eben von dir ab. Du kannst dir Vorteile erarbeiten, musst aber natürlich auch das Risiko kennen und musst eben auch bereit sein, es zu tragen.

Und da ist es natürlich manchmal leichter, wenn zum Beispiel der Schönheitschirurg einfach sagt: „Der kennt das Risiko, das ist sein Unternehmen“. Und der sagt: „Bau den Krempel ein.“ Und im Konzern ist das eben dann oftmals nicht ganz so einfach. Und dann ist man eher risikoscheu und möchte das Ganze eben einfach nicht machen.

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Markus Hövener

Markus Hövener ist Gründer und SEO Advocate der auf SEO und SEA spezialisierten Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als geschäftsführender Gesellschafter von Bloofusion Germany ist er verantwortlich für alle Aktivitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Markus Hövener ist Buchautor, Podcaster und Autor vieler Artikel und Studien rund um SEO.

Markus hat vier Kinder, spielt in seiner Freizeit gerne Klavier (vor allem Jazz) und genießt das Leben.

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