Video-Dramaturgie: Die perfekten Videos für mehr Umsatz [Search Camp Episode 102]

12. November 2019 | Von in Podcast "Search Camp", SEO

Einfach nur Videos zu produzieren reicht in der Regel nicht aus, um damit nachhaltigen Erfolg zu haben. Der konzeptionelle Rahmen muss eben auch stimmen – Stichwort „Video-Dramaturgie“. Was damit genau gemeint, erklärt uns in dieser Episode Gerhard Schröder vom KopfKino Podcast.

 

 

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Shownotes

 

Transcript

Moin, herzlich willkommen zu Search Camp. Markus-Hövener hier mit dem Online-Marketing Podcast. Und heute mit dem Thema Video-Dramaturgie. Ich habe einen geschätzten Kollegen heute in der Leitung, den Gerhard Schröder, nicht verwandt, nicht verschwägert, natürlich mit seinem gleichnamigen Politikerkollegen. Genau, Dramaturgie ist das Thema auf YouTube, auf Facebook und überhaupt, wo geht der Trend hin, kurze, lange Inhalte? Spannende Insights wird er heute liefern können und gleich geht’s los.

Markus Hövener: So, und da sind wir doch wieder. Ja, ich freue mich sehr den Gerhard in der Leitung zu haben, Gerhard Schröder. Ich denke, ich spare mir da irgendwelche Wortwitze oder quasi Anspielungen auf bestehende Persönlichkeiten zu machen. Gerhard kenne ich jetzt ehrlich gesagt erst ein paar Wochen, war aber sehr nett ihn kennen zu lernen. Er hat auch einen Podcast, nämlich den KopfKino Podcast. Er hat auch eine Firma, die heißt K3 oder Kreative KommunikationsKonzepte GmbH in Essen. Das war so die Kurzvorstellung. Gerhard, habe ich irgendwas vergessen?

Gerhard Schröder: Also wir können gerne noch Wortwitze über diesen Namen machen, aber ich bevor ich zu dir sage „Hol mir mal eine Flasche Bier“, lass uns über die Gaspreise reden.

Markus Hövener: Okay. Ja, kleine Nebengeschäfte, die man da so hat. Ja.

Gerhard Schröder: Klein, ja okay. Ich nehme ein hohes Beraterhonorar von der Gazprom und ich glaube, ich mache dann einfach nur noch das.

Markus Hövener: Reicht ja auch, deutlich mehr braucht man wirklich nicht. Wir wollen aber ehrlich gesagt, also wir haben uns kurz beraten, worüber wollen wir eigentlich sprechen, als wir uns kennengelernt haben, und du hast gleich gesagt, Thema Video-Dramaturgie. Ist jetzt nicht so mein alltägliches Thema, ich komme ja eher so von der SEO-Seite. Ich weiß natürlich, dass Videos wichtig sind, dass YouTube ein starker Kanal sein kann. Lass uns mal anfangen mit dem Thema Video-Dramaturgie. Vielleicht mal ganz kurz, was muss ich mir darunter vorstellen und warum ist das für Leute, die Videos produzieren, überhaupt relevant?

Gerhard Schröder: Also zum Verständnis ganz kurz, 2 Sätze zu meiner Agentur. Wir produzieren Videoinhalte eigentlich fast nur für Verkaufsvorgänge, Verkaufsprozesse, das heißt, wir machen Videos aber jetzt nicht nur für YouTube im Sinne von Content-Marketing oder Video Ads für Facebook oder sowas, wir machen auch Videos für Pitch-Situationen. So, jetzt ganz kurz zurück zum Thema, was hat Suchmaschine mit Dramaturgie zu tun? Jetzt geht’s mir nicht um, den Mordfall aufzuklären, also um dieses Drama, sondern es geht mir um so eine einfache Geschichte, jetzt mal so ganz plakativ, das wirst du mir sicherlich aus der Hüfte geschossen beantworten können, was sind die Eingangspunkte, die du entscheidest, wenn du eine Suchergebnis-Trefferliste hast mit 10 Videos? Woran machst du fest als Betrachter dieser ergebnisliste, welches der 10 klicke ich denn gerne?

Markus Hövener: Schwer zu sagen, ich werde mir natürlich das Thumbnail erstmal angucken, also nach dem, was ich jetzt auch gesucht habe.

Gerhard Schröder: Ja klar. Also pauschal.

Markus Hövener: Also Thumbnail angucken, insgesamt schaue ich mir natürlich den Titel des Videos an. Ich würde mir ehrlich gesagt auch die Länge angucken, weil ich hätte jetzt keine Lust, ein 30-Minuten-Video zu gucken. Also das wäre so das, worauf ich jetzt wahrscheinlich so als erstes gucken würde.

Gerhard Schröder: Genau. Jetzt haben wir aber schon gerade definiert, wir sind gerade in einem Suchintentions-Modus, also im Prinzip, ein Beispiel, du hast eine Küchenschublade und möchtest die gerne aushängen. Jetzt kennst du den Hersteller natürlich von deiner Küche und weißt, von wegen verdammt den Nippel durch die Lasche ziehen und jetzt gebe ich dir Recht, jetzt möchtest du kein 30-Minuten-Video, in dem erst mal 20 Minuten lang ein animiertes Logo und eine Vorstellung des Unternehmens kommt, sondern du möchtest eigentlich nur wissen, Gott verdammt, wie kann ich den Nippel durch die Lasche ziehen, wie geht das?

Markus Hövener: Ja genau.

Gerhard Schröder: Genau. In dem Fall brauchst du eigentlich ein Video, salopp formuliert, das vielleicht 30 Sekunden, 2 Minuten lang ist, was auch immer du benötigst, um kurz und knapp zu wissen, so löse ich mein Problem.

Markus Hövener: Ist eigentlich das Thema, was so die SEOs unter Search Intent verstehen, also …

Gerhard Schröder: Ja genau.

Markus Hövener: dass dir bei einer Content-Seite, dass die Content-Seite die Intention des Nutzers vollständig erkennt und beantwortet und die perfekte Lösung liefert?

Gerhard Schröder: Genau. Das ist eine Art von Video. Jetzt stell dir vor, was ich eben plakativ gesagt habe, jetzt hättest du einen Ratgeber halt in Form eines Videos auf YouTube hochgeladen oder hochladen lassen, wie auch immer, und der wäre jetzt auch sage ich mal vom Titel und vom Vorschaubild optimal und alles wie es so sein soll, aber das Video hat eine Länge von 5 Minuten, und du wolltest doch nur wissen, wie das mit dem Nippel durch die Lasche war. Dann würdest du vermutlich sagen, so jetzt aus dramaturgischen Gründen, so Drehbuch, das kann nicht zum Erfolg führen, wenn ich dieses Video hochlade, das wird sicherlich nicht optimal zum Ziel führen für den Betrachter.

Markus Hövener: Ja genau.

Gerhard Schröder: So, aber es gibt natürlich auch Situationen, wo die Videos auch länger sein dürfen. Ein Beispiel. Nehmen wir jetzt mal Stichwort Home-Story, also ein Rundgang durch eine Wohnung, bei dem eine ganze Geschichte erzählt wird und eine Problemstellung beiläufig miterwähnt wird, und das Ganze ist in einer netten Verpackung. Das Video in dem Fall darf auch mehrere Minuten lang sein, nicht nur so 2 Minuten, auch von mir 5, 10 oder 15 Minuten, vielleicht auch 20. Wenn es interessant ist und du gerade so in einer so etwas gemächlicheren Such-Situation bist, dann darf das länger sein. Aber wie muss jetzt generell erstmal ein Video aufgebaut sein, sofern das nicht so ein 30-Sekünder ist? Und da können wir jetzt noch mal zurückkommen zu, du hast gerade genannt, 2 wichtige Punkte, Vorschaubild und Titel des Videos. Jetzt kommen wir zu diesem Klassiker eines Erklärbär-Videos, so klassische Variante. Nicht so ein 30-Sekünder, sondern hast du einen etwas komplexeren Sachverhalt und brauchst eine gute Erklärung zu dem Thema. Wir kommen jetzt zu den journalistischen Grundlagen der Arbeit. Will heißen, in den ersten 15 bis 20 Sekunden sollten so gesehen die Wie-Fragen beantwortet werden, die W-Fragen. Wie, wer, wieso, weshalb, warum, und vor allen Dingen, warum sollte ich dieses Video überhaupt weiterschauen? Stell dir vor, du bist jetzt in einer Such-Intention, du bist ein Single-Mann und möchtest heute Abend Grünkohl kochen.

Markus Hövener: Ja, okay.

Gerhard Schröder: Für ein Date, für ein Date. Ich bringe diesen Joke öfter und immer, wenn Frauen das hören, rollen sie mit den Augen. Also erzähle ich es weiter. Weil scheinbar Grünkohl nicht das richtige Rezept ist, um abends Frauen rumzukriegen. Also das konnte ich mir auch schon mal so merken, ich erzähle es trotzdem in der Variante. So, stelle dir vor, als nächstes. wenn das Video, du hast das Vorschaubild gesehen, hast Titelbild gesehen, hast gesagt, super, dieses Video starte ich. Klick. Was sollte jetzt als nächstes passieren in dem Video?

Markus Hövener: Wie du schon sagtest, also Einleitung, also kurz Relevanz für mich herstellen, sagen, wer du bist, warum du jetzt oder was ich jetzt einfach kriege von dir in den nächsten x Minuten.

Gerhard Schröder: Richtig. Und Gnade dir Gott, wenn du das nicht auf den Punkt bringst in den ersten 15 bis 20 Sekunden. In dem Grünkohl-Beispiel, auf dem Vorschaubild war sicherlich ein Teller mit leckerem Grünkohl. Gehe ich jetzt mal von aus. Also das wäre jetzt so der naheliegende Klassiker an der Stelle, darum so klischeehaft. Also in der Anmoderation meines Videos habe ich erstens einen Teller mit Grünkohl in der Hand, lächele in die Kamera und sage, herzlich willkommen bei KopfKino, diesem YouTube-Kanal, in dem wir hier Grünkohl kochen, jede Woche ein neues Grünkohl-Rezept. Keine Ahnung, ob es dafür genügend Rezepte gibt, vermutlich schon. Du hast das Prinzip verstanden?

Markus Hövener: Ja.

Gerhard Schröder: Ich habe nebenbei eine Anmoderation, ich habe das Produkt gezeigt, ich habe einen Kontext hergestellt, und ich habe nebenbei sogar noch die Regelmäßigkeit erwähnt. Regelmäßigkeit hätte ich noch gar nicht bringen müssen, aber ich habe erst mal das leckere Gericht gezeigt. Hurra! Was damit noch nicht klar ist, ist, ob das jetzt ein Video ist, das geeignet ist für einen Single-Mann, der bisher auch nur Wasser ankochen lässt, aber das lassen wir außen vor. Das ging auch aus dem Video-Titel noch nicht hervor. Nehmen wir aber den Fall. So, was nach circa 15 bis maximal 20 Sekunden passieren sollte, diese Zeit ist so gesehen relativ sagen wir Branding-frei. Bitte fang nicht damit an, in deinem Video als erstes ein animiertes Logo zu zeigen. Du kennst sicherlich das Stichwort Verweildauer auf einer Webseite, das gibt es auch bei YouTube-Videos, und ich kann es sozusagen gnadenlos super gut auswerten. Wer ein Fetischist ist von Google Analytics und sich so richtig gerne in diese Zahlen hineinkneten, kriechen kann, knietief durch die Daten waten, der ist ideal bei YouTube Analytics aufgehoben, denn dort können wir eben nicht nur feststellen, wie lange hat sich jemand einen Inhalt angeschaut, sondern genau feststellen, welchen Teil des Inhalts hat er sich angeschaut?

Markus Hövener: Und natürlich vor allem, wie lange er quasi bei der Stange war oder ab welchem Zeitpunkt brechen wie viele x Prozent der Nutzer eigentlich ab.

Gerhard Schröder: Ja, aber du kriegst sogar auch raus, heatmap-mäßig im Prinzip, wo hat vielleicht jemand hingeschaut? Also alles so Dinge, wo du sagst, da muss ich für andere Analyse-Tools vielleicht schon irgendwas extra tun? Nein, hier hast du das alles im Package drin. Und bei uns zum Beispiel ist es so, dass die Cutter, also diejenigen, die das Video schneiden, diese Analysedaten nach 14 Tagen auf den Tisch bekommen, um für zukünftige Videos, für diesen Kunden, für dieses Projekt, für diese Video-Reihe besser zu werden. Das macht übrigens für mich einen ganz wichtigen Unterschied aus zwischen, ich mache nur schöne Videos im Sinne von, schöne Bilder, oder ich mache Videos tatsächlich fürs Online-Marketing. Aber das nur so am Rande.

Markus Hövener: Lass uns noch mal zurück zu dem Ablaufen von dem Video, so die ersten 15, 20 Sekunden hatten wir jetzt, jetzt ist ja quasi so Mittelteil, jetzt muss die Story ans Laufen kommen, jetzt musst du mir zeigen, was ich mit diesem Grünkohl mache. Kann ich da noch was falschmachen?

Gerhard Schröder: Ja, erstmal haben mir gerade einen Part übersprungen. Also auf Part 1 ist die Anmoderation, Part 2 ist der Branding-Part. Ich sag mal faustformel-mäßig 4 bis 6 Sekunden Zeit hast du jetzt, um so gesehen mal plakativ klarzustellen, was ist das überhaupt für ein YouTube-Channel? Denn derjenige kommt ja erst mal ganz unvermittelt von irgendwo mit einer Suchanfrage und landet bei dir. Du hast ihm erst mal nur so gesehen erklärt, du bist hier richtig, hier geht es um deine Content-Frage, ich habe für deine Fragestellung den richtigen Inhalt. Jetzt ist deine Gelegenheit, jetzt hast du gesehen, den Haken im Maul des Fisches drin, hast erst mal einen Wurm hingehängt, die 15 Sekunden war der Wurm. Jetzt hast du den Zuschauer am Haken. Jetzt musst du ihn wenigstens so weit an Land ziehen, dass der versteht, wer bist du überhaupt und was willst du als Produzent des Videos wenigstens von ihm, das ist ja wenigstens sage ich mal sowas wie ein Abo. Idealerweise nicht nur das Abo, sondern auch noch, dass er diese kleine Glocke aktiviert.

Markus Hövener: Mhm (bejahend). Klar.

Gerhard Schröder: So. Dazu hast du die nächsten 4 bis 6 Sekunden pauschal mal so gesagt Zeit. Das heißt, das ist eigentlich der Zeitpunkt, um dein Kanal-Versprechen zu kommunizieren. Generell nochmal, worum geht es in dem Kanal? Warum sollte ich den abonnieren? Das sind die Punkte, die jetzt kommuniziert werden müssen. So, jetzt kommen wir zum Themenbereich, bei einem Kochvideo natürlich als erstes die Zutatenliste, jetzt kommen wir zum echten Content, Zutatenliste, jetzt kommen wir zu dem ganzen weiteren Inhalt, wie bereitest du zu. Und dann irgendwann, wenn so gesehen dieser Ratgeberinhalt, egal wie fluffig du ihn aufbereitet hast, ob du sagst, du brauchst Wasser, Kartoffeln, Grünkohl, alles in den Topf, umrühren fertig, oder die ausführlich du das auch immer da machst. Am Ende kommst du wieder zu einem Punkt, der heißt, hinten kommt der Abspann. Und das ist noch mal eine weitere Chance, um den Zuschauer, in Gänsefüßchen, „an den Haken zu bekommen“ und von ihm etwas zu erreichen. Da hast du nochmal, gibt’s spezielle Abspann-Funktionen über YouTube, damit kann man Leute nochmal zum Abo auffordern, damit kann man auch noch ganz andere Dinge erreichen, wie zum Beispiel, du hast dich für folgendes Video interessiert, hier habe ich noch folgende weitere Video-Inhalte oder weitere Playlists oder einen Link zur Website und ähnliches. Das heißt der Conversion-Part kann da noch mal reinkommen. Die Dramaturgie deines Videos in diesem Block 3, Block 1 ist Anmoderation, 2 ist der Branding-Part, Block 3 ist der eigentliche Content, 4 ist der Abspann, faustformelmäßig. In diesem Block 3 kannst du auch idealerweise mit den weiteren YouTube-Funktionen, den YouTube-Infokarten arbeiten. YouTube-Infokarten ist ein total tolles Tool, nebenbei auch fürs Tracking nachher. Damit kannst du bis zu 4 weitere Links im Video auf das Video oben drauflegen. Dann taucht rechts oben in der Ecke so ein kleines „i“ erst auf, da ist so eine Textzeile, und wer da drauftippt, egal ob Desktop, Mobile oder wie auch immer oder Smart TV, wer da irgendwie drauftippt oder klickt, dann geht an der rechten Seite ein Fenster auf, das sind mehrere weitere Videos oder Links oder Umfragen oder ein Link zur Website. Alles dort so eine Art interaktives Menü zu jedem Video kannst du einbauen, auch nachträglich für alte Videos. Sie brauchen aber einen Mindestabstand zwischen Infokarte und Infokarte von mindestens 10 Sekunden. Das heißt, wenn du das richtig gut machen willst, dann muss derjenige, der das Drehbuch, das Konzept fürs Video schreibt, die Infokarten schon einplanen, dass die nicht zu dicht gestaffelt sind, dass die an der richtigen Stelle kommen. Der Zuschauer muss ja so gesehen, wenn sage ich mal links unten im Video gerade was Spannendes passiert, kriegt der rechts oben die Infokarte als Funktion nicht so gut mit, als wenn du in dem Moment vielleicht im Video auch irgendwie eine passende, jetzt Achtung, dramaturgische Pause einbaust.

Markus Hövener: Jetzt hattest du …

Gerhard Schröder: Ja? Das steigert alles deine Conversion, also weitere Interaktionen, die du aus dem Video am Handy ja ableiten willst. Du machst das Video ja hoffentlich nicht nur aus Langeweile, sondern irgendwas willst du ja von demjenigen. Hat das so einen Einstieg gegeben in das Thema, was wenigstens die Grundbausteine eines YouTube-Ratgeber-Videos sind.

Markus Hövener: So, jetzt hattest du eben halt gesagt quasi, ihr dreht ein Video und dann 2 Wochen später kann er sich Daten angucken und irgendwie Schlüsse daraus ziehen quasi für das 2., 3., 4., 5. Video. Kann man da eine Abkürzung nehmen? Also gibt es für ganz bestimmte Arten von Videos auch klar definierte Standards, oder ist es wirklich immer Trial & Error?

Gerhard Schröder: Also das, was ich gerade nannte, Ratgeber-Video ist ein Baukastensystem, das ist so wie, Arsch auf Eimer, passt eigentlich fast immer, für so klassische Ratgeber-Videos. Es geht jetzt aber um Ratgeber-Videos in einer Länge von sage ich mal 2 bis meinetwegen 15 Minuten. Bei längeren Formaten so über 7, 8, 10 Minuten hinaus macht es zum Beispiel Sinn auch vielleicht so eine Art Inhaltsangabe im Video zu arbeiten, dass der Zuschauer auch versteht, okay, ab Minute so und so kommt mal vielleicht das Thema, ab dann kommt das. Dann macht es Sinn auch mit solchen Blöcken noch mal zu arbeiten und das Video noch mal so gesehen inhaltlich aufzubrechen.

Markus Hövener: Okay.

Gerhard Schröder: Und all diese Informationen kannst du hinterher ja auch auswerten, sprich, Analyse. Du kannst feststellen, wo haben die Leute das Video angehalten, wo haben die Leute das Video vorgespult eher, wo sind sie ausgestiegen? Also all diese ganzen Informationen geben dir ja irgendwie da Anreize und Anhaltsinformationen. Du kriegst ja nicht nur das Stichwort Verweildauerkurve von 100 Prozent und dem Ende des Videos sind alle ausgestiegen, sondern es gibt auch noch alternative Darstellungen. Das siehst du zum Beispiel, die Mitte des Videos ist total spannend gewesen, Anfang und Ende waren aber eher lahm. Also müssen wir weitere Videos, für diesen Kunden, für dieses Konzept, für diese Video-Reihe, da was noch mal ändern.

Markus Hövener: Jetzt fiel so implizit auch oft das Wort YouTube und natürlich Google, also quasi der Kosmos, in dem die SEOs sich auch ständig bewegen. Jetzt können Videos ja noch komplett woanders stehen, also Facebook zum Beispiel. Gleiche Regeln oder gelten da wieder komplett neue Spielregeln?

Gerhard Schröder: Wie immer.

Markus Hövener: Scheiße.

Gerhard Schröder: Neues Spiel, neues Glück. In dem Fall auch neue Regeln. Wäre ja zu einfach. Nehmen wir mal ein Beispiel, wo wir jetzt gerade beim Koch-Video-Beispiel waren, um das plakativ mal so durchzuziehen. Vielleicht kennt der eine oder andere die Plattform Tasty.co.

Markus Hövener: Also ich jetzt nicht, aber ja.

Gerhard Schröder: Wer mich vom Aussehen kennt, weiß, dass ich auch nicht so aussehe, als ob ich mir viele Koch-Videos anschaue oder so, aber trotz alledem, ich bleibe jetzt dabei. Also Tasty.co ist eine Plattform mit Rezepten, sowas wie chefkoch.de, um es mal einfach zu sagen. Da gibt es spezielle Teaser-Videos, die laufen auf Facebook und Instagram. Die sind sehr kurz, die sind sehr schnell geschnitten, da wird vielleicht auch in 30 Sekunden mein ganzes Rezept gezeigt. Ich weiß nicht, du bist auch noch alt genug, du müsstest das vielleicht noch kennen, Max Inzinger, ich habe da mal was vorbereitet.

Markus Hövener: Ist lange her.

Gerhard Schröder: ZDF Fernsehkoch, genau. Ich wollte gerade sagen, ich bin 50, ich darf sowas noch kennen. Genau. Aber gehen wir jetzt mal auf, okay, für die jüngeren Leute, Jamie Oliver, den kennt vielleicht der ein oder andere. So ein Tasty.co Video, was ganz klar fürs Sharen auf Social Media gedacht ist, hat nicht den Anspruch oder ist überhaupt nur so verwendbar im Sinne von, schau dir diese 30 Sekunden an und du kannst es nachkochen. Das dienst nur als optischer Teaser, um die Leute von dort auf die Website zu holen. Zum Beispiel die Tasty Videos sind meistens so von oben auf den Herd gefilmt oder so. Da ist eine Kamera fix von oben und dann wird da unten alles drauf im Schnellverfahren zubereitet, auch vielleicht vorgespult, schneller geschnitten, so zack, zack, zack und nächster Schnitt, zack, nächste Einstellung, nächste Einstellung. Damit kann man natürlich viel besser Leute erreichen, die über den Weg Facebook oder Instagram kommen, was aber nicht heißt, dass man auf Facebook / Instagram nicht vielleicht auch ein längeres Koch-Video-Format auch publizieren kann. Nur man muss sich darüber gewahr sein, dass man da natürlich nicht das Stichwort organischer Traffic über die nächsten 2, 3, 4, 5 Jahre bekommen kann, so wie es auf YouTube ist. Das wissen wir alle, Videos auf Facebook haben eine wesentlich kürzere Halbwertszeit als ein Video auf YouTube. Wenn man aber so gesehen sagt, okay, ich drehe jetzt so und produziere so das Video generell schon für YouTube, warum sollte ich mir jetzt nicht, in Gänsefüßchen, den kleineren Mehraufwand noch machen und da eine 2. Videovariante speziell für das vergängliche Facebook aufbereiten? Dann wenn es nur um die ersten Sekunden wenigstens geht, ist auch da entsprechend schon ein paar ganz große Änderung, Stichwort wieder Dramaturgie. Du musst berücksichtigen, wenn jemand sich ein Video auf YouTube anschaut, dann hat der, wir sind gerade ein Podcast, der wird bestimmt Ton anhaben. Die Wahrscheinlichkeit bei YouTube Videos mit Ton an ist relativ groß. Im Verhältnis dazu ist die Wahrscheinlichkeit Ton an auf einem Video auf Facebook eher relativ klein. Jetzt stell dir vor, du hast jetzt ein Begrüßungsvideo, stell dir einfach vor, ich sage mal wieder, hallo und herzlich willkommen, Blablabla, ja, du siehst irgendwie jemanden Lippen bewegen und denkst dir, was macht der Honk da eigentlich da, ich verstehe nicht, worum es geht. Und dann gilt für mich immer die 2-Sekunden-Regel des Todes, das ist mein persönlich geprägter Fachausdruck dafür, 21, 22, weiterwischen, 21, 22, weiterwischen. Das ist ja so ungefähr, wenn ich du dir mal anschaust so Verweildauerkurven von Videos auf Facebook, in den ersten 2 Sekunden entscheidet der Zuschauer, ob ich das Video schaue oder ob ich dann abbreche. Das heißt, wenn die ersten 2 Sekunden, mal ein Beispiel, jetzt mal weg von Koch-Videos, wenn du da ein Video hast, in dem meinetwegen ganz viele Menschen nur ganz grob zu erkennen sind, so eine Art Wimmelbild in der 1. Szene, ist das spannend oder müsstest du dann in dem Fall speziell jetzt den Grünkohlteller ganz dicht dran halten? Richtig, ja, weil du hast jetzt ja nicht mehr das Vorschaubild, sondern wenn du es willst, die Vorschaubildphase verlagert sich ins Video hinein. Das ist ja das, vorher hast du die Suchergebnisliste, schaust dir an, ah, das sieht lecker aus, da klicke ich drauf. In dem Fall, das Video startet ja automatisch, Facebook, und du hast keinen Ton an, jetzt muss das Video so trotzdem funktionieren in den ersten Sekunden, dass jeder sagt, okay, es ist ein Koch-Video. Alles klar, Grünkohl interessiert mich jetzt gerade mal, also schaue ich es mir weiter an. Also musst du schon da ein paar Kniffe ganz anders machen als bei dem Video bei YouTube. Da bist du so gesehen schon, 1.) überwinde die ersten 2 Sekunden, 2.) halte den Zuschauer dran, die ersten 10 Sekunden zu überstehen, und dann musst du eben so gesehen auch in der Nahaufnahme-Menge und vielleicht auch in der Schnittfrequenz gerade zu Anfang noch mal etwas die Kurbel hochdrehen und kannst dann erst später die Schnittfrequenz und solchen Nahaufnahmen ein bisschen runtersenken. Mal davon abgesehen, dass natürlich ein Video auf YouTube in der Regel ein 16:9 Video ist und ein Video, was du auf Facebook publizierst, kannst du zwar in 16:9 publizieren, aber schau dir die meisten Videos an, die heutzutage auf Facebook sind, die sind nicht mehr 16:9, die sind wenigstens quadratisch oder immer mehr auch gleich 9:16, also Hochkant-Videos.

Markus Hövener: Das heißt, Facebook ist grundsätzlich, Video immer auf Steroiden, also schnell auf den Punkt gebracht, in den ersten 2 Sekunden Relevanz herstellen und einfach viel, viel schneller, das ist so die Zusammenfassung.

Gerhard Schröder: Das heißt nicht, dass das Video insgesamt nach hinten raus nicht auch langsamer und ruhiger sein kann, aber gerade zu Anfang musst du irgendwie die Leute besser abholen.

Markus Hövener: Ich fand das ganz spannend, dass du eben diesen Uralt-Chefkoch da erwähnt hast. Ich habe letztes Mal, ich weiß nicht, ob du das noch kennst, aber früher gab es immer diese Weihnachtsserien im ZDF.

Gerhard Schröder: Ja klar, die Vierteiler. Mhm (bejahend). Genau.

Markus Hövener: Und ich fand Patrick Pacard unglaublich geil damals und ich habe das …

Gerhard Schröder: Echt? Nee, Sandokan war es bei mir.

Markus Hövener: Und ich habe da mal die DVD von gekauft und habe das mal meinen Kindern dann vorgespielt, die waren 6, 7, 8 Jahre alt so zu der Zeit, und ich fand das total krass. Also in der 1. Folge ist wirklich absolut überhaupt nichts passiert und für meine Kinder war das einfach irgendwie zu langsam. Das war so ein bisschen so wie Teletubbies, wo ja auch faktisch nichts passiert. Und da ist mir auch noch mal aufgefallen, dass wirklich so diese ganze Mediennutzung natürlich sich komplett verändert hat und dass wir heute einfach viel, dass viel mehr drin ist in so einem Video und dass so langsame Erzählstile jetzt auch nicht sonderlich häufig vorkommen. Sehe ich das richtig?

Gerhard Schröder: Ja. Übrigens in meinen Podcast Shownotes, da gab‘s eine Folge 42 (https://www.youtube.com/watch?v=NF81APOdTTg), TV-Serien damals und heute, da habe ich mit dem Kai Heddergott anderthalb Stunden lang über TV-Serien – Veränderungen von Kimba und Sindbad bis zu Netflix-Serien – gesprochen. Ja, es ist tatsächlich so, dass sich unsere Sehgewohnheit in den letzten 15 Jahren, würde ich mal sagen, sehr stark gewandelt hat. Also auch zu seriellem Erzählen. Früher war ja so, jetzt mal Raumschiff Enterprise, jede Folge ein neuer Planet, neue Handlung und der nächste Planet, wir fangen wieder von vorne an. Gestorben sind immer nur die Rothemden, also die Boden-Crew, die wurden immer zu Beginn der Folge nur mit Vornamen eingeführt, damit sie dann auch in der Folge sterben konnten. Man hat wenigstens den Vornamen gewusst, dann war auch klar, der muss auf jeden Fall sterben. Heutzutage jetzt, egal ob wir Game of Thrones mögen oder nicht mögen, in jeder Folge stirbt irgendein Lieblingscharakter, also „kill the darling“ hat in der Serie eine ganz neue Bedeutung gewonnen.

Markus Hövener: Absolut. Klar.

Gerhard Schröder: Also durchgehende Erzählformate gab es früher ja gar nicht. Oder sagen wir, ganz selten. Belphégor oder das Geheimnis des Louvre (https://de.wikipedia.org/wiki/Belph%C3%A9gor_oder_das_Geheimnis_des_Louvre) oder so, französische Serien. BBC hat sowas gemacht, aber klassische US-Fernsehserien waren so gut wie gar nicht seriell in der Erzählweise. Aber ja, das hat definitiv uns alle heutzutage ungeduldig gemacht. Wenn wir solche alten Klassiker uns anschauen, denken wir manchmal, okay, könnte das bitte nochmal jemand neu schneiden?

Markus Hövener: Ich habe das letztens auch gelesen, dass es übrigens auch das Musikgeschäft natürlich verändert hat, also gerade Spotify, dass du früher durchaus so Intros hattest von 30 Sekunden bis quasi so das erste Gesangsschnipsel oder die erste Hook kam, und das geht mit Spotify einfach gar nicht mehr, weil wenn die ersten 5 nichts passiert, dann klickt der weiter. Das heißt, nach 5 Sekunden muss es auch schon losgehen. Und hatte ich vorher noch gar nicht so drauf geachtet, aber es stimmt natürlich absolut, also es gibt wirklich auch da ganz klare Veränderungen, schnell auf den Punkt, schnell starten. Zur Not können sie später noch die 28 Takte Improvisation irgendwo reinhauen, aber fang bitte schnell an. Und das passt ja irgendwie zu dem, was du auch mit YouTube erzählt hast.

Gerhard Schröder: Also noch mehr mit Facebook als mit YouTube. Also jetzt mal noch von Spotify, denke dir mal alte Songs von Queen oder so, die eine Viertelstunde lang sein konnten, wo auch der Einstieg so, und du hast dich darauf eingelassen, du wusstest, jetzt die nächste Viertelstunde, dieses eine Musikstück ist meins. Ja, auch wenn so gesehen die Leute so dicht den Finger an dem „Weiter“-Knopf haben, am „Skip“-Knopf und ähnliches, dann verändert sich so gesehen ganz bewusst die Medienproduktion, und das hast du ganz klar auch im Video-Bereich. Also so rein lineare Erzählformen musst du trotzdem in den ersten Sekunden gut tatsächliche Dramaturgie, das tatsächliche Timing sehr gut machen. Als ich 2010 angefangen habe mit meinem zweiten YouTube-Kanal, der erste war 2008, als ich 2010 aber gesagt habe, ich will das mal so gesehen professionalisieren, habe ich für mich die ersten Videos nur mit dem Handy produziert, mir ging es mehr darum, diese Dramaturgie und ähnliches zu verstehen und auszuprobieren, und da habe ich die 4-Sekunden-Regel für mich eingeführt auf YouTube. Alle 4 Sekunden habe ich das Bild gewechselt. Das heißt, alle 4 Sekunden war ein Schnitt im Video, spätestens nach 4 Sekunden.

Markus Hövener: Dass richtig was passiert auf dem Bildschirm.

Gerhard Schröder: Ja. Und selbst, wenn die Videos auch nur mit Fotos waren oder zwischendurch mal eine Video-Szene und dann wieder ein Standbild, das ein bisschen animiert wurde, und Sprecherstimme im Hintergrund, die weitererzählt, die weitererzählt, dann hat das immer noch gut funktioniert. Hast du aber so gesehen zu weg Schnittbilder gehabt, zu wenig Bewegung im Bild, dass es zu sehr podcast-artig war, dann Abbruchrate. Und SEO, Online-Marketing, sagt jeder, ah, Abbruchrate wollen wir nicht, soll möglichst klein sein.

Markus Hövener: Glaubst du, dass sich das irgendwie noch mal zurückentwickeln wird? Also viele Entwicklungen sind irgendwie immer zyklisch. Aber hier habe ich so den Eindruck, dass wir jetzt glaube ich mal irgendwann so einen Punkt erreicht haben, wo es wirklich auch auf ewig so bleiben wird, also dass so, keiner hat Zeit, es muss einfach schnell, ich vermeide das Wort hektisch, sein und wirklich flott auf den Punkt kommen, alles muss sehr konzis sein, alles sehr kompakt. Glaubst du, das bleibt so oder haben wir dann in 5 Jahren wieder irgendwelche epischen 15-Minuten Genesis Klassiker oder sowas?

Gerhard Schröder: Wir haben jetzt schon beides. Beispiel. Jetzt mal Breaking Bad, kennst du?

Markus Hövener: Ehrlich gesagt, ich weiß, worum es geht, gucke, nein, weil zu sowas habe ich keinen Zugang.

Gerhard Schröder: Alles gut, egal. Es gibt dazu eine Nachfolge-Serie. Better Call Saul. Die läuft nur auf Netflix. Die erste Serie Breaking Bad lief ja im normalen Fernsehen, lief ursprünglich glaube ich bei ABC in den USA, und die ersten 2, 3, 4 Folgen sind in den USA zu Anfang, hm, sagen wir mal mehr oder weniger gefloppt. Die waren kein großer Burner, was die Zuschauerquoten anging. Aber die Produzenten haben gesagt und der Sender, jetzt haben wir Geld investiert und wir glauben an dieses Konzept, das wird noch gut. Was haben sie gemacht? Sie haben die Serie zu anderen Tageszeiten, also andere Wochentage, zu anderen Uhrzeiten nochmal wiederholt und haben sich so über die Zeit die Zuschauer eingesammelt, die sie brauchten, um das Ding wirtschaftlich weiterfortführen zu können. Diese Serie ist trotzdem, also jetzt nicht dramatisch schnell erzählt, sondern sie hat auch so später ab der Folge 4, 5, hat sie auch mal Sachen, wo einfach gut erzählt wird, auch längere Kamerafahrten und Schwenks, aber du brauchst natürlich, auch wenn du ein Konzept hast, von einer Serie über 5, 6 Staffeln, du musst zu Anfang den Wurm auswerfen, damit genügend Zuschauer bei dir bleiben. So jetzt, das ist so gesehen die Serie, die im normalen TV gelaufen ist. Die 2. Serie Better Call Saul übernimmt einige Schauspieler, jeder weiß, das ist die Vorgeschichte zur dramatischen Serie mit dem gigantischen Finale. Punkt. Wer sich jetzt Better Call Saul anschaut, wird sagen, Patrick Pacard? Das kommt mir bekannt vor. Die ist dramatisch langsam erzählt, längere Kameraeinstellungen, Dialoge einfach so. Es ist die Frage, mussten die Geld sparen oder haben die sich gesagt, nee Kinder, wir machen die ersten 2, 3 Staffeln mal ganz Dutsche, und dann drehen wir nach und nach an der Schraube. Und die drehen nach und nach an der Schraube.

Markus Hövener: Krass.

Gerhard Schröder: Aber das kannst du nur machen, weil diese Serie jetzt auf Netflix läuft, und du zahlst sowieso dein Abo. Und selbst, wenn jetzt die Leute sagen irgendwann in der 1. und 2. Staffel, ich bleibe nicht dran, einer von deinen Kumpeln wird dir schon sagen, das wird später besser. Ich bin jetzt sehr plakativ und nehme jetzt mal so ein Beispiel heraus. So, das heißt, in dem Moment, wo wir uns so gesehen nicht mehr in dem Bereich befinden, wo sich jedes einzelne Video einzeln beweisen muss und einzeln sein Geld einspielen muss, in dem Moment kommen wir wieder zu längeren Formaten. Schau dir auch YouTube-Channels an, also jetzt nicht Ratgeber, sondern eher Show-Formate, jetzt wieder zum Themenbereich Dramaturgie und was hat das für eine Auswirkungen mit dem Algorithmus? Vor ungefähr 2 Jahren hat YouTube seinen Algorithmus geändert. Das ist so ähnlich wie der Google Algorithmus, bei dem ich immer mit muss, wird es auch mal geändert, und diese Veränderung bei YouTube war folgende. Ab jetzt sind Betrachtungsminuten, die Watch Time wichtigstes Gut. Das heißt, wenn du jetzt einen YouTube-Kanal aufgebaut hast, der nur 2-Minuten-Ratgeber-Videos hat, investiert du viel Ressourcen in kurze, kompakte, knackige Ratgeber-Videos, aber deine Watch Time ist im Verhältnis zu jemand anders, der es schafft seine Videos 3 oder 4 Minuten lang interessant zu machen, Drama, schöne Bilder, was auch immer dafür sorgt, dass er ein paar Sekunden mehr den Zuschauer bei sich behalten kann. Okay, was ist daraus entstanden? Die YouTuber produzieren heutzutage in der Regel, so faustformel-mäßig, 10 Minuten lange Videos oder vielleicht auch mal länger. Und der Aufbau ihrer Videos ist immer noch der gleiche, Begrüßung zu Anfang, Frage klar stellen, aber dann dafür sorgen, dass der Zuschauer so wie ich es präsentiere auch gerne bereit ist, mehr Minuten mitzukriegen. Das muss jetzt kein Rezo Video von 50 Minuten sein, das ist jetzt noch mal ein Special, ich meine jetzt, nehmen wir ein Beispiel, was für die Shownotes, nehmen wir maiLab (https://www.youtube.com/mailab). maiLab ist ein YouTube-Kanal von einer Wissenschaftsjournalistin, die war übrigens letztes Jahr Wissenschaftsjournalistin des Jahres, macht inzwischen auch was für Terra X, ist eine junge YouTuberin, Chemikerin, die macht Videos zu Naturwissenschaft, igitt, die macht das aber so unterhaltsam, die setzt sich, Kamera direkt ins (unv. #00:33:29.5#) Blick direkt in die Kamera, hat eine Tasse Tee in der Hand und redet zum Beispiel darüber, sagt mal Leute, wie ist das jetzt eigentlich hier mit folgender Problemstellung? Kann man mit der und der Geschichte, wie funktioniert das eigentlich so mit Batterie, Elektroantrieb oder Koruma oder irgendein moderner Mythos, wo die Leute sagen, das hilft mir in der Gesundheitsbranche oder was auch immer. Und da sagt sie, „Pass mal auf, liebe Freunde der Sonne, nehmt euch mal eine Tasse Tee und dann lege ich los.“ Bum, kurze Zwischentafeln, ganz kurz, worum es bei ihr geht, und dann legt sie los, und dann sind die Videos 10 oder auch 20 Minuten lang. Sie macht Quellenangaben, sie ist witzig, du magst ihren Redestil. Ich meine, ganz wichtig, das ist wie beim Podcasten. Hast du eher eine einschläfernde Stimme und bist etwas unbetont, dann wird doch auch jeder sagen „Mein Gott, erstens kommt der nicht auf den Punkt und zweitens der Stimme mag doch keiner zuhören“. Ein Beispiel. Bei Audible gibt’s einen Podcast, einen Hörbuch-Sprecher, Stefan Kaminski, das ist so ähnlich wie für manche Menschen „3 Fragezeichen“ zum Einschlafen hören. Kennst du sowas?

Markus Hövener: Ja klar.

Gerhard Schröder: So. Die 3 Stimmen hat ja auch jeder gefressen. Die Hörbücher, die Hörspiele „3 Fragezeichen“ sind für die Jungs kein Geldbringer, aber das sind Deutschlands bekannteste Sprecherstimmen. 50 Prozent aller TV-Werbespots von den Jungs gesprochen, damit verdienen die ihr echtes Geld. Für die ist diese „3 Fragezeichen“-Geschichte jetzt aktuell das 300. Hörspiel ist 5 Stunden lang, kurze Unterbrechung.

Markus Hövener: Das 200. war es, ja.

Gerhard Schröder: 200? War es nicht 300?

Markus Hövener: Nein.

Gerhard Schröder: 200. Verdammt, okay. Aber auf jeden Fall 5 Stunden lang. Und ich dachte, oh Gott.

Markus Hövener: Das ist für den Fan kein Problem.

Gerhard Schröder: Ja, wollte gerade sagen, genau, für den Fan kein Problem, der schläft damit ganz vielleicht Nächte immer wieder mal neu ein. Also diese Dramaturgie-Punkte, diese Hooks einzubauen, wieder den Zuschauer dabei zu halten, führt dazu, dass er sich mehr Minuten von deinen Videos anschaut.

Markus Hövener: Aber dann könnte es doch insgesamt eigentlich eine ganz gute Strategie sein, wenn du sagst, ich habe ein paar kurze Videos, ich sage mal neue Leute, also noch nicht Abonnenten in meinen Kanal reinzuziehen und sie erstmal mit mir als Problemlöser bekannt zu machen, zum Beispiel wenn ich Ratgeber-Videos habe, und die längeren Shows sind dann eben eher für meine Stammzuhörer. Wäre das eine Maßnahme?

Gerhard Schröder: Verdammt, jetzt reden wir schon gerade nicht mehr über Drama, sondern jetzt reden wir schon über Strategie.

Markus Hövener: Scheiße.

Gerhard Schröder: Völlig korrekt.

Markus Hövener: Wollten wir gar nicht.

Gerhard Schröder: Du brauchst, also nein, du merkst, das eine hängt mit dem anderen zusammen. Also ich bin immer jemand, der sowas sehr vernetzt betrachtet. Ja korrekt, du brauchst von daher Formate, die kurz knackig vielleicht irgendein Problem lösen, so Content-Marketing, du brauchst aber neben diesem Evergreen-Content auch Hero-Content, also einzelne Dinge, meinetwegen ein Showformat, was auch immer, wo du sagen kannst, da bleiben die Leute auch länger dran, um deine Watch Time zusammen zu bekommen. Und wenn du irgendwie eine gewisse Anzahl von Abonnenten hast, setzt du vielleicht generell nur noch auf die Showformate und schmeißt nur noch ab und zu mal noch mal so neue Häppchen rein.

Markus Hövener: Ich fand es übrigens auch ganz spannend, ich habe letztens, lange Autofahrt, mit einem Kollegen gesprochen und der ist total fußballbegeistert, was ich so überhaupt nicht bin, und er sagte halt auch, es gibt da, ich hab den Namen vergessen, es gibt Podcasts, die dann halt nach so einem Spieltag durchaus in einer 3-Stunden-Folge noch mal den ganzen Spieltag Revue passieren lassen. Und auch das hören wirklich hunderttausende Leute dann, also ich lerne bei sowas immer, gehe nie von dir selber aus, weil ich würde nie einen 3-Stunden-Podcast hören oder ich würde auch nicht, klar, das mit den 5 Stunden „3 Fragezeichen“ das muss jetzt sein, weil ich absoluter Fan bin, aber wo ich von mir immer sagen würde, nee funktioniere ich nicht, aber auch da immer wichtig, gucke dir an, was deine Leute haben wollen und nimm dich da bitte nie zum absoluten, zum Beispiel für das, was du da eigentlich machst.

Gerhard Schröder: Genau. Ein Beispiel. Ein Kunde von uns, der Stifterverband, der hat 4 verschiedene Podcasts inzwischen.

Markus Hövener: Wow!

Gerhard Schröder: 4 verschiedene. Der hat mit uns zusammen vor Jahren mal seine ganzen Print-Publikation, diese Hauszeitschrift 4-mal im Jahr, komplett eingestellt, das Geld erstmal nur in Video gepackt. Inzwischen geht ein Teil des Geldes in Podcast-Produktion. Ein Podcast Forschergeist, da haben die Podcast-Folgen eine Länge von 1, auch mal 2 Stunden, vielleicht auch mal 2 1/2. Weil wenn so ein Wüstenforschungs-Professor über seine Forschung, genau, dann kriegst du richtig Augen. Du fängst an zu lachen, denkst, geil, oder wenn der Nachfolger hier vom Frankfurter Zoo, der Direktor nach Grzimek, über Grzimek spricht und über die alten Tiersendungen, und das hörst du dir gerne länger an. So, ist aber wirklich eine eigene Stimmungsgeschichte auch sich so viel Zeit zu nehmen zu wollen oder zu sagen, ich unterteile mir so eine Episode. Wir sind zum Beispiel jetzt ja auch schon 35 Minuten und etwas am Plaudern. Aber dann gibt es auch einen Podcast, der Durchfechter­-Podcast, da sind die Folgen 15 Minuten lang, mit Absicht, kurz, knackig, erzähle eine kurze, wichtige Geschichte, wie du dich durch eine Sache durchgekämpft hast, und die muss dann aber auch durch sein, weil es eine andere Stimmung ist. Es gibt eben Leute, die steigen, Podcaster, weißt du selber, ins Auto morgen für eine Stunde oder in der Bahn, und die wollen dann eine Folge durchhören. Check. Und so machst du eben auch so wie du Podcast-Formate entwickelst, machst du dann eben auch verschiedene Videoformate.

Markus Hövener: Wo wir schon bei Podcasts sind, also ich habe zum Beispiel auch so einen Lieblings-Podcast, der heißt „Führen wie ein Löwe“ von, ich glaube, der ist Markus Jotzo, und der bringt jede Woche eine Folge raus und die ist immer so zwischen 6 und 8 Minuten lang. Wobei man echt sagen würde, lohnt sich eigentlich nicht die App dafür überhaupt zu starten, aber nee, er hat wirklich einen konkreten Tipp oder einen Anlass, es geht immer um Unternehmensführung und Mitarbeiterführung. Unglaublich gut auf den Punkt gebracht, sehr konzis, und nochmal, in 6 bis 8 Minuten bist du damit durch. Finde ich eigentlich ein prima Format, das ist haargenau das, was ich gerne hören möchte, insbesondere weil mein Weg zur Arbeit 8 ½ Minuten lang ist. Also das ist dann wirklich das, was ich montags morgens von Tür zu Tür exakt hören kann. Hast du noch, vielleicht abschließende Frage, hast du noch einen Lieblings-Podcast und vor allem, warum? Vielleicht natürlich auch hier noch mal der Bezug auf Dramaturgie.

Gerhard Schröder: Okay, dann wenn du das gerade herstellst, dann habe ich wirklich noch einen schönen Podcast-Tipp, und zwar die Soundtrack Show, die Soundtrack Show (https://www.soundtrackpodcast.com), was für die Shownotes. Und es ist englischsprachig, also US-Podcast. Die Folgen sind auch mal eine, anderthalb Stunden. Es ist ein Podcast über Musik, über Filmmusik, und zwar sollte man den wirklich von der Folge 1 aus anfangen sich anzuhören. Das ist ein Mitarbeiter, der lange Zeit bei Disney für Filmmusiken zuständig war, und der machte eine Folge nur über Richard Wagner. Und selbst, wenn du vorher sagst, wie, Richard Wagner, äh bäh sowas mag ich nicht, danach hörst du dir den Herrn der Ringe, den Soundtrack oder den Kinofilm mit ganz anderen Ohren an, weil der super so erklären kann, wie wir von der Klassik-Musik bis hin zur neuen Musik und wie wir dann zu Filmmusiken kommen. Der weiße Hai, dam, dam, dam dam. Oder Vertigo, das wi wi wi wi von der Dusche, das erklärt der alles, wo das herstammt, welche Bezüge das zu unserer Seele herstellt. Und das finde ich großartig, weil das alles weckt Emotionen und Emotionen, sag ich immer, helfen mir bei einer wichtigen Sache, ich will nur eins, ich will nur verkaufen.

Markus Hövener: Super Schlusswort, oder? Genau. Du, vielen Dank, ich meine, ich habe wieder glaube ich viel gelernt heute, weil ja, ich weiß, dass YouTube oder gerade Video ein spannendes Ding ist. In meinem Alltag ist es nicht so das primäre Thema, ich mache da relativ viel, aber muss ganz ehrlich sagen, ich habe, als wir uns das letzte Mal getroffen haben, viel von dir gelernt und auch heute wieder, und ich hoffe, ihr da draußen habt auch viel vom Gerhard gelernt. Deswegen sage ich nochmal, herzlichen Dank, Hut ab. Hast du noch irgendein Schlusswort, einen Schluss-Tipp, irgendwas, was du uns allen noch mit auf den Weg geben möchtest?

Gerhard Schröder: Ja. Wer mein Podcast hören möchte, kann jetzt ja mal seine Podcast-App mal kurz anhalten, und der findet sich auch bei Spotify oder wo auch immer ihr so unseren Podcast hört, unter kopfkino.ruhr. Das ist auch die Domain, wer sonst im Browser suchen möchte, kopfkino.ruhr, so wie Ruhrgebiet.

Markus Hövener: Cool. Und ich habe natürlich auch das, wie auch die anderen Sachen, immer in die Shownotes gepackt, das heißt, da könnt ihr noch mal alles finden, da könnt ihr draufklicken. Folgt dem Gerhard, er hat echt da spannende Themen. Und du, nochmal, ich danke dir schön, es ist mir nicht langweilig geworden.

Gerhard Schröder: Dramaturgie, da da da da.

Markus Hövener: Drama ta ta ta ta. Genau. Viel gelernt heute wieder. Ich wünsche euch allen da draußen noch eine verdammt gute Zeit. Ich hoffe, ihr bleibt hier dabei bei Search Camp, aber ich hoffe natürlich auch, dass ihr alle Kopfkino abonniert. In diesem Sinne, viel Erfolg da draußen. Macht euch eine gute Zeit. Bis dann! Tschüss!

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Markus Hövener

Markus Hövener ist Gründer und SEO Advocate der auf SEO und SEA spezialisierten Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Als geschäftsführender Gesellschafter von Bloofusion Germany ist er verantwortlich für alle Aktivitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Markus Hövener ist Buchautor, Podcaster und Autor vieler Artikel und Studien rund um SEO.

Markus hat vier Kinder, spielt in seiner Freizeit gerne Klavier (vor allem Jazz) und genießt das Leben.

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