Google Ads und die neue Digitalsteuer: Wie muss man jetzt gegensteuern? [Search Camp Episode 144]
Google-Werbung wird teurer: Ab dem 1. November will Google anfallende Digitalsteuern an Werbetreibende weitergeben. Eigentlich wäre das kein Problem, denn Gebote und Budgets könnten ja zum Ausgleich entsprechend gekürzt werden. Doch Google legt uns einige Steine in den Weg.
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Welche Digitalsteuern sind für Werbetreibende relevant?
Betroffen sind drei Länder, in denen Digitalsteuern erhoben werden. Für dort gezeigte Werbung schlägt Google ab November folgende Sätze auf:
- Großbritannien: 2 %
- Österreich: 5 %
- Türkei: 5 %
Ausschlaggebend ist dabei, dass die Werbung im jeweiligen Land gesehen bzw. geklickt wurde. Die Steuer fällt also auch an, wenn z. B. ein deutsches Unternehmen Werbung in Österreich schaltet – gezielt oder unbeabsichtigt.
Unauffällige Ankündigung
Die Ankündigung der neuen Steuer kam per E-Mail. Für gewöhnlich bedeutet so etwas für uns eine Flut von Mails, da Google jeweils eine Mail für jeden Nutzer jedes Kundenkontos verschickt. Dieses Mal war das anders.
Dieses Mal ging die Nachricht nur an die Rechnungsempfänger. In den meisten Fällen dürfte sie damit in der Buchhaltung gelandet sein. Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass deshalb viele Account Manager gar nichts davon erfahren.
Undurchsichtige Kosten
Dazu passt, dass Account Manager auch in der täglichen Arbeit nicht mit dem Thema Digitalsteuer in Berührung kommen. Die zusätzlichen Kosten stehen nämlich nur auf den Rechnungen. Sonst werden sie nirgendwo berücksichtigt. In den gängigen Kosten-Kennzahlen im Konto tauchen die Steuern hingegen nicht auf.
In der Praxis bedeutet das: Eine Kampagne mit 100 Euro Budget kann 105 Euro Kosten verursachen. Im Konto sieht man allerdings nur 100 Euro Kosten, der Gesamtbetrag wird erst auf der Rechnung sichtbar. Das gilt sogar für Kontobudgets und Prepaid-Guthaben: Die Steuern kommen am Ende drauf. Volle Kostenkontrolle hat man damit also nicht mehr.
Diese Intransparenz ist für Google immens wichtig. Würde Google das Ganze transparent regeln, dann käme die Reaktion darauf mehr oder weniger automatisch. Ein Budget von 100 Euro hieße dann, dass nur noch ca. 95 Euro für Google bereitstehen. Da auch alle Gebote entsprechend niedriger gesetzt würden, bliebe für Werbetreibende alles beim Alten. Die Steuer würde dann praktisch von Google bezahlt.
Erschwertes Reporting
Es ist sicher nur ein Zufall, dass Google in der gleichen Woche auch die Auswertung von Standorten so „vereinfacht“ hat, dass Nutzerstandorte verborgen bleiben.
Der Hintergrund: Bezogen auf Standorte ist vor allem folgende Unterscheidung wichtig:
- Der physische Aufenthaltsort eines Nutzers.
- Die Suchabsicht (jemand sucht nach „laufschuhe münchen“)
Generell geht die Suchabsicht vor: Wenn jemand in Hamburg nach „laufschuhe münchen“ sucht, gilt München als Zielregion. Diese Zielregion wird herangezogen, wenn es um die Ausrichtung oder um Gebotsanpassungen geht.
Für die Digitalsteuer ist hingegen nur der tatsächliche, physische Standort wichtig. Bisher konnte man diesen recht einfach über den „Bericht zu Nutzerstandorten“ einsehen. Jetzt gibt es diese Auswertung ganz einfach nicht mehr:
Stattdessen gibt es nur noch einen Bericht mit einem Dropdown für „Zielregionen“ und „passende Orte“. Hinter beidem verbirgt sich im Wesentlichen das Gleiche (was man erstmal durchschauen muss). Die Nutzerstandorte sieht man schlicht nicht mehr.
Einsehen kann man die Daten aber doch noch, wenn man den Berichtseditor (oder die Programmierschnittstelle) nutzt und sich den Bericht selbst zusammenstellt. Wichtig ist hierbei die Dimension „Land/Gebiet (Nutzerstandort)“.
Auch das ging bis vor Kurzem noch ganz einfach über vordefinierte Berichte. Diese hat Google schlicht gestrichen:
Was können Werbetreibende tun?
Je nachdem, wie Werbetreibende mit den betroffenen Ländern umgehen, sehe ich drei Optionen:
Option 1: Ignorieren – Zahlen und weiter wie bisher. Das bietet sich beispielsweise an, wenn man einen verschwindend geringen Anteil von Klicks aus den betroffenen Ländern erhält. Wer z. B. in Deutschland wirbt, hat üblicherweise auch ein paar Klicks aus Österreich dabei.
Wer von dem Thema nichts mitbekommt, geht zwangsläufig diesen Weg. Da sämtliche Reports, Tools und Dashboards die Zahlen ohne Steuern ausweisen, kann das theoretisch auf ewig unentdeckt bleiben. Ich möchte nicht in der Haut des Account Managers stecken, der jahrelang falsche Zahlen an die Geschäftsleitung gemeldet hat.
Option 2: Betroffene Länder aktiv ausschließen. Diese Option bietet sich an, um Klicks aus bestimmten Ländern zu verhindern (und damit auch die Digitalsteuer).
Option 3: Betroffene Länder separat behandeln. Idealerweise sollten die besteuerten Länder möglichst mit eigenen Kampagnen abgedeckt werden. So können dann eigene Budgets und eigene Zielsetzungen für die Aussteuerung festgelegt werden.
Wenn Budgets keine Rolle spielen und nicht per „Smart Bidding“ ausgesteuert wird, dann könnten auch weiterhin länderübergreifende Kampagnen (z. B. für Deutschland und Österreich) eingesetzt werden. In diesem Fall kann eine simple Gebotsanpassung auf Länderebene die zusätzlichen Kosten weitgehend berücksichtigen. Perfekt ist diese Lösung allerdings nicht, denn Gebotsanpassungen beziehen sich auf die Zielregion – welche vom tatsächlichen Nutzerstandort abweichen kann.
Meine Einschätzung
Offen gesagt, finde ich es ziemlich dreist, wie Google hier vorgeht. Werbetreibenden wird die neue Steuer möglichst unauffällig untergeschoben. Viele werden zahlen, ohne es zu merken. In Ordnung ist das nicht.
Googles Dilemma ist dabei klar: Gerne würde man die Kosten einfach weitergeben, aber in einem Auktionssystem gibt es nun mal keine Festpreise, die man anheben könnte. Da Werbetreibende im Hinblick auf Performance bieten, ist es nur logisch, dass sie die Digitalsteuer einpreisen und ihre Gebote entsprechend senken. Spieltheoretisch betrachtet, würde die Steuer also praktisch von Google bezahlt – aber eben nur, wenn alle Bescheid wissen und mitziehen.
Ich erwarte, dass alle größeren Werbetreibenden die Steuer einpreisen, sodass die Klickpreise in den betroffenen Ländern ein wenig sinken. Es wird aber genug Leute geben, die das nicht mitbekommen, sodass nicht der ganze Markt die ganze Bewegung mitmacht.
Im Grunde verlieren dabei alle außer dem Staat. Denkbar wäre natürlich, dass Staaten einfach mehr Transparenz einforderten. Dann könnte tatsächlich Google die Steuer zahlen und wir könnten uns dieses unwürdige Spiel sparen.
Martin Röttgerding
Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog.
Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.
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September 8th, 2020 at 13:51
Ich kann die Berichte zu den Nutzerstandorten noch sehen und habe auf die Schnelle auch keine News zu dieser Änderung gefunden… habt ihr eine Quelle dafür?
LG
Marie
September 8th, 2020 at 15:03
Hallo Marie,
eine Quelle dafür habe ich auch nicht gefunden. Es gab eine von diesen interaktiven Meldungen im Konto, wo man sich Schritt für Schritt durchklicken konnte.
Die Screenshots stammen aus einem Konto, wo ein Login die alte und ein anderer Login die neue Ansicht hatte. Das ist aktuell auch weiterhin so. Die Umstellung ist also noch nicht vollständig.
In der Hilfe ist die Änderung ebenfalls nur teilweise drin. Die englische Version dreht sich um die neue Ansicht, die deutsche noch um die alte (Stand jetzt):
– https://support.google.com/google-ads/answer/7492954?hl=en
– https://support.google.com/google-ads/answer/7492954?hl=de